In der Hamburger Reeperbahn ragt ein monströses Bauwerk 30 Meter in die Höhe: ein ehemaliger Nazi-Flakbunker, heute überwuchert von Pflanzen und gekrönt von einer öffentlichen Dachterrasse. Diese «grüne Festung» ist nur eines von vielen umgewandelten Kriegsrelikten, die Hamburg neu definieren. Allein 700 Bunker ließ das NS-Regime hier bauen – mehr als in jeder anderen deutschen Stadt. Die meisten dieser Betonkolosse stehen noch heute.
Früher sollten sie Menschen schützen, heute bereichern sie das Stadtleben. „Die dicken Wände schlucken Schall perfekt», erklärt Martin Jasper, Architekt und Bunkerexperte. Das macht sie ideal für Musikclubs. Im Feldstraßenbunker haben sich etwa 40 Bands ihre Studios eingerichtet. Anderswo entstanden Cafés, Galerien oder Kletterhallen.
Besonders beeindruckend ist der «Energiebunker» in Wilhelmsburg. Der ehemalige Flakbunker versorgt heute mit Solarzellen und Biogas tausende Haushalte mit Strom und Wärme. «Wir wollten aus einem Symbol der Zerstörung ein Zeichen für Nachhaltigkeit machen», sagt Stadtplanerin Ute Meyer.
Bei meinen Recherchen treffe ich den 87-jährigen Wilhelm Brandt, der als Kind im Bunker Schutz suchte. «Damals war es hier stockdunkel und man hörte die Bomben», erzählt er mir mit leiser Stimme. Heute genießt er manchmal den Sonnenuntergang auf der Dachterrasse.
Die Bunker sind zu Wahrzeichen geworden – nicht durch Verdrängung ihrer Geschichte, sondern durch bewusste Umgestaltung. Sie erinnern an Krieg und Diktatur, während sie gleichzeitig neues Leben in die Stadt bringen. Ein gelungenes Beispiel, wie Hamburg seine Vergangenheit nicht versteckt, sondern in die Gegenwart integriert.