Die Hamburger Polizei hat einen Plan, der in der Hansestadt für Gesprächsstoff sorgt: Ab nächste Woche will sie am Hansaplatz in St. Georg Videoaufnahmen von Passanten machen, um damit künstliche Intelligenz zu trainieren. Ziel ist es, verdächtige Situationen wie Schlägereien oder Drogenhandel automatisch zu erkennen. Rund 100 Stunden Videomaterial sollen gesammelt werden – und zwar ohne dass die Betroffenen es wissen.
Auf dem Hansaplatz, wo ich selbst oft bei Recherchen unterwegs bin, ist die Stimmung angespannt. Die Videoüberwachung gibt es hier bereits seit 2016, doch das KI-Projekt geht einen entscheidenden Schritt weiter. «Wir wollen die Sicherheit erhöhen und gleichzeitig den Datenschutz wahren», erklärt Polizeisprecher Florian Abbenseth. Die Aufnahmen würden anonymisiert und nach dem Training gelöscht.
Datenschützer sehen das kritisch. «Es ist höchst bedenklich, dass Menschen ohne ihr Wissen für KI-Training gefilmt werden», sagt Thomas Fuchs, Hamburgs Datenschutzbeauftragter. Er wurde erst kurzfristig informiert und prüft nun rechtliche Schritte. Die Polizei beruft sich auf eine Ausnahmeregelung im Polizeirecht.
Die Bürgerinitiative «St. Georg lebt» befürchtet einen Präzedenzfall. «Heute der Hansaplatz, morgen die ganze Stadt?», fragt Sprecherin Marion Kluge. In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich erlebt, wie Sicherheitsmaßnahmen oft schrittweise ausgeweitet wurden.
Der Fall zeigt exemplarisch, wie Sicherheitsbehörden und Datenschutz im digitalen Zeitalter aufeinanderprallen. Nach einer Testphase will die Polizei entscheiden, ob das System dauerhaft zum Einsatz kommt. Die grundsätzliche Frage bleibt: Wie viel Überwachung verträgt eine freie Gesellschaft?