Als ich gestern durch die Hamburger Innenstadt lief, diskutierten zwei Passanten hitzig über die Schuldenbremse. Kein Wunder: Der rot-grüne Senat plant eine weitreichende Änderung der Hamburger Verfassung. Die strengen Regeln zur Kreditaufnahme sollen gelockert werden. Nach den Plänen von Bürgermeister Peter Tschentscher und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) würde Hamburg künftig mehr Spielraum für Kredite bekommen – vor allem für Klimaschutz und Infrastruktur.
Die bestehende Schuldenbremse gilt seit 2012 und verbietet den Bundesländern grundsätzlich die Aufnahme neuer Schulden. Nur in Ausnahmefällen wie Naturkatastrophen oder schweren Wirtschaftskrisen sind Kredite erlaubt. «Wir brauchen mehr Flexibilität für die großen Herausforderungen unserer Zeit», erklärte Dressel bei der Vorstellung der Pläne. Der Senat will die Regelung nun so ändern, dass Kredite für «wirtschaftlich rentable» Investitionen möglich werden.
Die CDU läuft Sturm gegen die Pläne. «Das ist der Einstieg in die Schuldenpolitik durch die Hintertür», kritisiert Oppositionsführer Dennis Thering. In meinen fast zwei Jahrzehnten als Politikjournalistin habe ich selten eine so fundamentale Debatte über Haushaltspolitik erlebt. Die Fronten sind verhärtet.
Für die Verfassungsänderung braucht der Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Bürgerschaft. Ob die erreicht wird, ist fraglich. Die Abstimmung soll noch in diesem Jahr stattfinden. Viele Hamburger fragen sich: Sind mehr Schulden für Klimaschutz und moderne Infrastruktur gerechtfertigt – oder belasten wir damit nur kommende Generationen? Diese Grundsatzfrage wird die Stadtgesellschaft noch lange beschäftigen.