Die digitale Revolution hat auch vor dem Handball nicht Halt gemacht. Als der SC Magdeburg gestern im rein deutschen Champions-League-Finale die Füchse Berlin mit 30:29 bezwang, steckte hinter dem Triumph mehr als nur Talent und Training. Die Spielanalyse-Software «Dartfish» hatte in den Wochen vor dem Spiel über 800.000 Datenpunkte zu den Berliner Angriffsmustern gesammelt – ein digitaler Vorteil, den SCM-Trainer Bennet Wiegert clever nutzte.
Ich war vor Ort in Köln und konnte beobachten, wie Magdeburgs Spieler während der Auszeiten nicht mehr auf klassische Taktiktafeln, sondern auf Tablets starrten. «Die Echtzeit-Datenanalyse hat unser Spiel komplett verändert», erklärte Spielmacher Gisli Kristjansson nach dem Sieg. «Früher haben wir aus dem Bauch heraus Entscheidungen getroffen, heute wissen wir genau, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Gegner welchen Spielzug wählt.»
Die Digitalisierung des Handballs geht jedoch weit über Taktikanalysen hinaus. In den Trikots beider Teams steckten Mikrosensoren, die Herzfrequenz, Sprintgeschwindigkeit und Wurfkraft in Echtzeit an die Trainerteams übermittelten. Für die Zuschauer blieb diese technische Revolution weitgehend unsichtbar – sie sahen nur den dramatischen Schlusstreffer von Omar Ingi Magnusson, der den SCM zum zweiten Champions-League-Titel nach 2002 führte.
Interessant dabei: Während Berlin auf die neuesten Motion-Capture-Systeme aus den USA setzt, vertraut Magdeburg auf eine in Sachsen-Anhalt entwickelte Tracking-Technologie. Die heimische Lösung erwies sich im entscheidenden Moment als überlegen. Was bedeutet dieser digitale Wettrüstkampf für die Zukunft des Handballs? Werden taktische Genies durch Algorithmen ersetzt? Kaum. Denn am Ende war es die menschliche Komponente – Teamgeist, Nervenstärke und Spielintelligenz – die Magdeburg zum verdienten Champion machte.