Die Sonne scheint über dem Ruhrgebiet, doch die Essener Dermatologen blicken besorgt auf die steigenden Hautkrebszahlen. «In den letzten zehn Jahren haben wir einen Anstieg von fast 30 Prozent bei Melanomen gesehen«, erklärt Professor Michael Tronnier, Leiter der dermatologischen Abteilung am Universitätsklinikum Essen. Was früher als «Alterskrankheit» galt, betrifft heute zunehmend jüngere Menschen. Die Parallelen zur Entwicklung in Australien, wo Hautkrebs bereits als Volkskrankheit gilt, sind beunruhigend.
Im Hautkrebszentrum Essen wird mit einem multidisziplinären Ansatz gearbeitet, der Patienten neue Hoffnung gibt. Die Kombination aus hochmoderner Bildgebung, genetischer Analyse und zielgerichteten Immuntherapien hat die Überlebensraten dramatisch verbessert. «Vor zehn Jahren hätten wir bei einem metastasierten Melanom kaum Therapieoptionen gehabt. Heute können wir vielen Patienten Jahre schenken«, berichtet Dr. Sabine Krause, die täglich mit Betroffenen arbeitet.
Besonders innovativ ist der Einsatz der konfokalen Lasermikroskopie, die verdächtige Hautveränderungen ohne chirurgischen Eingriff analysieren kann. Dies erinnert an die Revolution der Röntgentechnik vor einem Jahrhundert – nur dass jetzt die kleinsten Veränderungen der Hautzellen sichtbar werden. Das Universitätsklinikum kooperiert zudem mit niedergelassenen Hautärzten im «Essener Modell«, um Diagnose und Behandlung zu beschleunigen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Prävention: «Wir müssen bereits Kinder erreichen, denn Sonnenschäden in jungen Jahren erhöhen das spätere Krebsrisiko erheblich«, betont Krause.
Die Essener Erfahrungen zeigen: Der Kampf gegen Hautkrebs braucht sowohl medizinischen Fortschritt als auch gesellschaftliches Umdenken. Während die Ärzte immer bessere Behandlungsmethoden entwickeln, bleibt die wichtigste Frage unbeantwortet: Wann wird Sonnenschutz in Deutschland endlich so selbstverständlich wie das Anschnallen im Auto? Für die 230.000 Menschen, die jährlich die Diagnose Hautkrebs erhalten, könnte die Antwort darauf lebensentscheidend sein.