Die deutsche Industrie steuert auf eine gefährliche Stimmungstalsohle zu. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), schlägt Alarm: Die Stimmung in den Betrieben sei «extrem negativ, teils regelrecht aggressiv». Die Signale aus den Unternehmen häufen sich – vom Mittelständler bis zum Konzern fühlen sich viele von der Wirtschaftspolitik im Stich gelassen.
Besonders besorgniserregend: Die Industrie rechnet für 2024 mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung von 0,3 Prozent. Nach einem ohnehin schwachen Vorjahr bedeutet dies praktisch Stillstand. «Deutschland fällt im internationalen Vergleich immer weiter zurück», betont Russwurm. Die Gründe sind vielschichtig: hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und der zunehmende globale Wettbewerbsdruck.
In Düsseldorf spüre ich die Verunsicherung besonders deutlich. Beim Hintergrundgespräch mit einem mittelständischen Maschinenbauer vergangene Woche fiel der Satz: «Früher haben wir über Wachstumschancen gesprochen, heute geht es nur noch ums Überleben.» Die Kombination aus hohen Lohnkosten und schwachem Auftragseingang setzt viele Betriebe unter enormen Druck.
Wirtschaftsweise Veronika Grimm warnt: «Die Politik muss jetzt handeln, um die Standortbedingungen grundlegend zu verbessern.» Konkret fordert der BDI eine Senkung der Stromsteuer, weniger Bürokratie und steuerliche Entlastungen für Unternehmen. Die Ampel-Koalition hat zwar Maßnahmen wie das «Wachstumspaket» angekündigt, doch viele Industrievertreter halten dies für unzureichend.
Was bedeutet das für uns alle? Die düsteren Prognosen könnten sich schon bald in weiteren Stellenabbauplänen und Standortschließungen niederschlagen. Meine Erfahrung aus der Finanzkrise zeigt: Wenn die Politik zu spät reagiert, können strukturelle Schäden entstehen, die über Jahrzehnte nachwirken. Die Frage ist nicht mehr, ob Deutschland handeln muss – sondern wie schnell die notwendigen Reformen umgesetzt werden können.