Die Flüchtlingsdebatte erreicht in Neunkirchen einen neuen Wendepunkt. „Wir brauchen einen kompletten Neustart in der Integrationspolitik», erklärt Claudia Müller, Leiterin der Migrationsberatung bei der Caritas Saarland. Bei einer Diskussionsveranstaltung in der Kreisstadt stellte sie gestern vor rund 80 Bürgern ihre Analyse der vergangenen acht Jahre vor. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Nur etwa 40 Prozent der seit 2015 angekommenen Geflüchteten haben einen festen Arbeitsplatz gefunden.
Ich kenne solche Diskussionsrunden seit Jahren, doch selten erlebte ich eine so ehrliche Bestandsaufnahme. «Die Politik hat viel zu lange auf oberflächliche Integration gesetzt, ohne echte Teilhabe zu ermöglichen», kritisiert Müller. Der berühmte Satz «Wir schaffen das» sei zwar gut gemeint gewesen, habe aber zu wenig konkreten Maßnahmen geführt.
Besonders die Sprachförderung zeigt gravierende Mängel. Während in den Nachbarländern Integrationskurse bereits nach vier Wochen beginnen, warten Geflüchtete hier oft monatelang. «Ein verlorenes Jahr bedeutet oft ein verlorenes Leben», so Matthias Weber vom Jobcenter Neunkirchen. Er berichtet von qualifizierten Fachkräften, die als Lagerarbeiter enden, weil ihre Abschlüsse nicht anerkannt werden.
Die Stadt Neunkirchen hat kürzlich ein neues Konzept vorgestellt. Bürgermeisterin Lena Schmidt verspricht «schnellere Verfahren und bessere Koordination». Besonders beeindruckt hat mich dabei das «Patenmodell», bei dem Einheimische Neuankömmlinge unterstützen. In Hamburg habe ich ähnliche Projekte begleitet – sie funktionieren, brauchen aber kontinuierliche Unterstützung.
Die Herausforderungen bleiben komplex. Eine nachhaltige Lösung erfordert mehr als politische Sonntagsreden. Als Gesellschaft müssen wir ehrlicher werden – über Probleme sprechen, ohne Menschen zu stigmatisieren, und Erfolge würdigen, ohne naive Schönfärberei. Denn Integration gelingt nur, wenn wir sie als gemeinsame Aufgabe begreifen.