Die Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg steht am Limit. Gestern versammelten sich über 300 Beschäftigte vor der Sozialbehörde, um auf ihre prekäre Arbeitssituation aufmerksam zu machen. «Wir können unseren Auftrag nicht mehr erfüllen», sagt Sozialarbeiterin Jana Mertens, die seit 15 Jahren in einem Hamburger Jugendamt arbeitet. In ihrer Stimme schwingt Verzweiflung mit.
Die Zahlen sind alarmierend: Jede fünfte Stelle in den Hamburger Jugendämtern ist unbesetzt. Gleichzeitig steigen die Fallzahlen kontinuierlich – im letzten Jahr um 12 Prozent. Eine explosive Mischung, die nicht nur Mitarbeiter, sondern vor allem die betroffenen Kinder und Jugendlichen trifft.
Bei meinem Besuch im ASD Altona letzte Woche zeigte mir eine Mitarbeiterin ihre aktuelle Fallakte: 83 Familien betreut sie derzeit – empfohlen sind maximal 35. «Ich kann nur noch Feuerwehr spielen», sagt sie kopfschüttelnd. Die Folgen: Präventive Arbeit bleibt auf der Strecke, Hausbesuche werden seltener, Hilfeplanverfahren verzögern sich.
«Hamburg hat ein strukturelles Problem», erklärt Prof. Dr. Klaus Wehner vom Deutschen Jugendinstitut. «Die Stadt wächst, die sozialen Probleme nehmen zu, aber das Personal hält nicht Schritt.» Die Sozialbehörde hat inzwischen reagiert und eine Taskforce angekündigt. Sozialsenatorin Melanie Leonhard verspricht: «Wir werden zusätzliche Stellen schaffen und die Arbeitsbedingungen verbessern.»
Doch reicht das? In der Szene höre ich oft: «Papier ist geduldig, Kinder nicht.» Es braucht schnelle, konkrete Hilfe – und die Bereitschaft der Politik, nicht nur zu reden, sondern zu handeln. Sonst bleiben am Ende die Schwächsten auf der Strecke: Kinder, die in dieser reichen Stadt keine Stimme haben.