Article – Der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer sieht beunruhigende Parallelen zwischen dem heutigen Verhalten der AfD gegenüber den Kirchen und den Methoden der DDR-Führung. In Erfurt äußerte er gestern seine Sorge über zunehmende Angriffe auf kirchliche Institutionen und Personen. «Die Wortwahl und die Strategien erinnern mich stark an die Zeit vor 1989», sagte Kramer, der selbst in der DDR-Bürgerrechtsbewegung aktiv war.
Besonders alarmierend sei die systematische Diffamierung kirchlicher Vertreter in sozialen Medien durch AfD-nahe Accounts. Eine aktuelle Analyse des Instituts für Demokratieforschung zeigt: In den letzten sechs Monaten haben sich Angriffe auf Kirchenvertreter in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt verdreifacht.
«Sie wollen uns mundtot machen», erklärt Pfarrerin Johanna Meinhold aus Gotha, die nach kritischen Äußerungen zur AfD-Politik massive Drohungen erhielt. Ich habe selbst beobachtet, wie bei Gemeindeveranstaltungen in Dresden zunehmend AfD-Anhänger auftauchen und gezielt provozieren.
In internen Strategiepapieren der AfD, die der Presse zugespielt wurden, wird die Kirche als «politischer Gegner» eingestuft, den man «neutralisieren» müsse. Besonders perfide: Die Partei versucht, konservative Christen gegen ihre eigene Kirchenleitung aufzubringen.
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) reagiert nun mit Schulungen für Gemeindevertreter zum Umgang mit Einschüchterungsversuchen. «Wir weichen nicht zurück», betont Kramer. «Nächstenliebe und Menschenwürde sind nicht verhandelbar.»
Die Frage bleibt: Wie viel gesellschaftlichen Einfluss werden die Kirchen behalten, wenn die AfD in ostdeutschen Ländern weiter an Macht gewinnt? Für viele Christen geht es dabei um mehr als nur Politik – es geht um das Selbstverständnis einer offenen Gesellschaft.