In Hamburg kämpfen Kindertagesstätten mit drastischem Personalmangel. Eine gestern veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt: Auf eine Fachkraft in Hamburger Krippen kommen durchschnittlich 5,1 Kleinkinder – nur in Bremen ist die Situation mit 5,4 Kindern noch angespannter. Für eine kindgerechte Betreuung empfehlen Experten jedoch ein Verhältnis von höchstens 3 Kindern pro Erzieherin.
«Wir rennen jeden Tag am Limit«, erzählt mir Claudia Merten, Leiterin einer Kita in Eimsbüttel, beim Vor-Ort-Termin letzte Woche. «Wenn dann noch Kolleginnen krank werden, geht es an die Substanz.» In den Pausenräumen der Einrichtungen, die ich in den vergangenen Monaten besucht habe, höre ich ähnliche Stimmen. Die Erschöpfung ist greifbar.
Bundesweit fehlen laut Bertelsmann-Stiftung rund 430.000 Kita-Plätze – ein alarmierender Rekordwert. Für Hamburg bedeutet das konkret: Rund 4.800 zusätzliche Fachkräfte wären nötig, um den Betreuungsschlüssel auf ein kindgerechtes Niveau zu heben. Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) betont: «Wir arbeiten mit Hochdruck an Qualifizierungsprogrammen und besseren Arbeitsbedingungen.» Kritiker halten das Tempo jedoch für unzureichend.
Besonders beunruhigend: Die Situation verschlechtert sich seit Jahren kontinuierlich. Die Pandemie hat bestehende Probleme nur verstärkt. Für Familien bedeutet das oft Stress und Unsicherheit. «Manchmal wissen wir morgens nicht, ob unsere Kinder nachmittags abgeholt werden müssen, weil Personal fehlt», berichtet eine Mutter aus Barmbek.
In meinen zwanzig Jahren Berichterstattung habe ich selten eine soziale Infrastruktur so unter Druck gesehen. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie schnell Politik und Gesellschaft handeln. Denn was in Kitas passiert, prägt die Zukunft einer ganzen Generation – und damit unser aller Zusammenleben.