In Berlins Kreuzberg eskaliert der Konflikt um den Lärm vor Kneipen und Spätis. Anwohner kämpfen für ihre Nachtruhe, während Gastronomen um ihre Existenz fürchten. Seit Monaten sorgen besonders die Vorfälle in der Graefekiez-Gegend für Schlagzeilen. Eine aktuelle Umfrage des Bezirksamts zeigt: 73 Prozent der Anwohner fühlen sich durch nächtlichen Lärm belastet.
Die Fronten sind verhärtet. «Wir können nicht mehr schlafen. Meine Kinder sind in der Schule unkonzentriert, weil vor unserem Fenster bis 3 Uhr morgens gefeiert wird», sagt Marianne Weber, die seit 20 Jahren im Kiez wohnt. Auf der anderen Seite stehen Barbetreiber wie Toni Müller: «Wenn wir unsere Gäste um 22 Uhr reinschicken müssen, können wir gleich zumachen.«
Der Bezirk versucht zu vermitteln, doch ohne durchschlagenden Erfolg. Mehrere Runde Tische endeten ohne Lösung. Vor Ort erlebe ich häufig das gleiche Bild: An warmen Abenden drängen sich die Menschen mit Flaschen vor den Spätis, Gespräche und Lachen hallen durch die engen Straßen.
In anderen Kiezen wie Friedrichshain hat man bereits Modellprojekte mit Lärmschutzwänden und sogenannten «Kiezläufern» eingeführt. Diese sprechen feiernde Gruppen an und bitten um Rücksichtnahme.
Dieser Konflikt steht beispielhaft für die Herausforderungen wachsender Metropolen. In Hamburg und München gibt es ähnliche Probleme. Anwohner ziehen zunehmend vor Gericht. Die Frage bleibt: Wie viel Leben verträgt eine Stadt? Und wer bestimmt die Regeln für das Zusammenleben in beliebten Ausgehvierteln?