Die größte Evakuierung in Kölns Geschichte begann heute früh um 9 Uhr. 11.000 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen, während Experten eine amerikanische Weltkriegsbombe in Mülheim entschärfen. Mit 1,8 Tonnen Gewicht und einem massiven Sprengkopf ist es einer der gefährlichsten Blindgänger, der je in der Domstadt gefunden wurde. «Diese Bombe ist so groß wie ein Kleinwagen», erklärte mir ein Mitglied des Kampfmittelräumdienstes vor Ort.
Während Hubschrauber den Luftraum überwachen, haben die Behörden einen Sperrkreis von 1.000 Metern eingerichtet. Die Kölner Verkehrsbetriebe stellten den Bahnverkehr im betroffenen Gebiet ein, mehrere Buslinien wurden umgeleitet. In der Sporthalle der Gesamtschule Mülheim hat die Stadt eine Notunterkunft eingerichtet. Dort sah ich gegen Mittag etwa 200 Menschen – junge Familien mit Kleinkindern, ältere Bewohner mit ihren Haustieren und sogar ein Paar, das Schachspiel und Thermoskannen mitgebracht hatte.
«Wir sind seit 40 Jahren in Köln und haben schon einige Evakuierungen erlebt, aber noch nie in dieser Größenordnung», erzählt Renate Meier (72), während sie auf einer Feldbettkante sitzt. Besonders beeindruckt hat mich das große Aufgebot an Hilfskräften: Über 800 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und Hilfsorganisationen sind im Einsatz, um die größte Evakuierungsaktion seit dem Zweiten Weltkrieg zu koordinieren.
Sollte alles nach Plan laufen, könnten die Anwohner bereits heute Abend in ihre Wohnungen zurückkehren. Oberbürgermeisterin Henriette Reker appellierte an alle Betroffenen: «Bitte nehmen Sie diese Evakuierung ernst.» Die Erfahrung zeigt: Selbst 79 Jahre nach Kriegsende schlummern unter Kölns Straßen noch immer gefährliche Relikte der Vergangenheit. Und manchmal erinnern sie uns mit voller Wucht daran, dass Geschichte nie ganz vergangen ist.