Die Schockwellen des Korruptionsverdachts in der Stuttgarter Staatsanwaltschaft erreichen heute den baden-württembergischen Landtag. Der Justizausschuss befasst sich in einer Sondersitzung mit den Vorwürfen gegen einen leitenden Oberstaatsanwalt und einen Unternehmer. Beide sollen in ein System aus Gefälligkeiten und verdeckten Zahlungen verstrickt sein. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur geht es um einen Schaden von mehr als einer halben Million Euro.
Was zunächst wie ein isolierter Fall klang, könnte tiefer in die Justizstrukturen hineinreichen. Der beschuldigte Oberstaatsanwalt leitete jahrelang die zentrale Stelle für Korruptionsbekämpfung – ausgerechnet. Als ich vor drei Jahren eine Reportage über Korruptionsfälle in Baden-Württemberg recherchierte, galt diese Abteilung noch als Vorzeigeeinrichtung.
«Die Glaubwürdigkeit unserer Justiz steht auf dem Spiel«, sagt Nico Weinmann, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Besonders brisant: Der Beschuldigte soll Ermittlungen gegen einen befreundeten Unternehmer verschleppt haben, der ihm mit teuren Jagdreisen und anderen Annehmlichkeiten gedankt haben soll.
Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart bestätigt die laufenden Ermittlungen, betont aber: «Wir sprechen über Vorwürfe gegen einen Einzelnen, nicht gegen die Institution.» Justizministerin Marion Gentges muss nun erklären, warum die internen Kontrollmechanismen versagt haben könnten.
Bei meinen Gesprächen mit Justizmitarbeitern in Stuttgart spüre ich eine Mischung aus Entsetzen und Sorge um den Ruf der Behörde. «So etwas hatten wir noch nie», flüsterte mir ein langjähriger Staatsanwalt zu.
Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zur Kontrolle der Kontrolleure auf. Wie können wir sicherstellen, dass diejenigen, die Korruption bekämpfen sollen, selbst nicht anfällig werden? Der Ausgang der Ermittlungen könnte zum Prüfstein für die Selbstreinigungskraft unseres Justizsystems werden.