Die Sorge um eine ganze Region schwingt mit, wenn am Samstag fast 800 Menschen durch Hamburgs Straßen ziehen. Sie protestieren gegen die drohende Schließung des Krankenhauses Groß-Sand in Wilhelmsburg. Seit 155 Jahren versorgt die Klinik den Stadtteil medizinisch – bald könnte damit Schluss sein. Der katholische Träger sieht keine wirtschaftliche Perspektive mehr.
«Es ist, als würde man uns das Herz herausreißen», sagt Anwohnerin Margarethe Weber, die seit 40 Jahren in Wilhelmsburg lebt. Die 68-Jährige erinnert sich noch gut, wie sie nach ihrem Fahrradunfall innerhalb von Minuten im Groß-Sand versorgt wurde. Diese Nähe zur medizinischen Versorgung könnte bald fehlen.
Die Demonstranten versammeln sich vor dem Rathaus, viele tragen selbstgemalte Schilder: «Gesundheit vor Profit» und «Rettet unser Krankenhaus» ist darauf zu lesen. Der Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Ralf Neubauer (SPD), zeigt Verständnis: «Für die Insellage Wilhelmsburgs ist eine Notfallversorgung vor Ort unerlässlich.»
Als Reporterin habe ich viele Krankenhausschließungen begleitet, aber selten eine so emotionale Verbundenheit der Bevölkerung erlebt. Die Identifikation mit «ihrem» Krankenhaus ist hier besonders stark.
Das katholische Erzbistum Hamburg hatte vergangene Woche angekündigt, den Betrieb zum Jahresende einzustellen. «Die wirtschaftliche Lage lässt uns keine andere Wahl», erklärte Generalvikar Ansgar Thim. Jährlich fehlen etwa vier Millionen Euro.
Die Bürgerinitiative «Groß-Sand bleibt» fordert, dass der Hamburger Senat einspringt. Hamburg steckt in einem Dilemma: Einerseits fehlt Geld im Gesundheitssystem, andererseits braucht jeder Stadtteil eine Grundversorgung. Die Frage bleibt: Was ist uns Gesundheit in der Nachbarschaft wert?