Wenn Sophia M. aus München ihre monatliche Gehaltsabrechnung betrachtet, fällt ihr Blick unweigerlich auf die knapp 16 Prozent, die als Krankenversicherungsbeitrag abgezogen werden. Ein beträchtlicher Betrag, der Jahr für Jahr steigt. Doch wohin fließen diese Milliarden? Die Frage beschäftigt nicht nur die 32-jährige Grafikdesignerin, sondern Millionen Deutsche. Mit einem Gesamtvolumen von rund 280 Milliarden Euro jährlich stellt die gesetzliche Krankenversicherung den größten Sozialversicherungszweig in Deutschland dar.
Die Verwendung dieser Beiträge folgt dabei einem komplexen Verteilungsmechanismus. Rund 35 Prozent fließen direkt in die ambulante ärztliche Versorgung – von Hausarztbesuchen bis zu fachärztlichen Untersuchungen. «Die Honorarverhandlungen zwischen Krankenkassen und Ärztevertretern sind jedes Jahr ein Balanceakt zwischen Kosteneffizienz und angemessener Vergütung», erklärt Prof. Dr. Jens Baumann vom Institut für Gesundheitsökonomie in Berlin. Weitere 25 Prozent entfallen auf die stationäre Versorgung in Krankenhäusern, deren wirtschaftliche Schieflage zunehmend zum Problem wird.
Die Arzneimittelausgaben machen etwa 17 Prozent der Gesamtausgaben aus – Tendenz steigend. Besonders teure Spezialpräparate für seltene Erkrankungen schlagen hier zu Buche, können aber für einzelne Patienten lebensrettend sein. Nicht zu unterschätzen sind die Verwaltungskosten der Kassen selbst, die bei durchschnittlich 5 Prozent liegen. «Im internationalen Vergleich ist das relativ effizient», meint Gesundheitsökonom Baumann, «aber natürlich gibt es auch hier Optimierungspotential.»
Ich erinnere mich noch gut an die Gesundheitsreform 2004, als der damalige Gesundheitsminister Ulla Schmidt das System grundlegend umstrukturierte. Damals wie heute zeigt sich: Unser Solidarsystem steht vor enormen demographischen Herausforderungen. Die Zahl der Beitragszahler sinkt, während die Ausgaben durch medizinischen Fortschritt und alternde Gesellschaft steigen.
Die Diskussion über Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen wird uns in den kommenden Jahren begleiten. Dabei darf nicht vergessen werden, worum es eigentlich geht: um Menschen wie Sophia M., die im Krankheitsfall auf ein funktionierendes System angewiesen sind. Oder wie es ein Kassenarzt aus Düsseldorf treffend formulierte: «Am Ende zählt nicht die schwarze Null, sondern dass wir für unsere Patienten da sein können, wenn sie uns brauchen.«