Die Zahlen sind alarmierend. Im ersten Quartal 2024 verzeichneten die gesetzlichen Krankenkassen einen Ausgabenanstieg von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum – eine Entwicklung, die selbst erfahrene Gesundheitsökonomen erschüttert. «Das hält kein Gesundheitssystem auf Dauer aus», warnt Stefan Greß, Professor für Gesundheitsökonomie an der Hochschule Fulda. Diese Kostenexplosion erinnert an die Gesundheitskrise nach der Wiedervereinigung, als strukturelle Probleme ebenfalls zu massiven Finanzierungslücken führten.
Der Druck auf das System kommt von mehreren Seiten gleichzeitig. Die Krankenhausausgaben stiegen um 8,3 Prozent, Arzneimittelkosten um 7,3 Prozent und die Ausgaben für Heilmittel sogar um 11,3 Prozent. «Wir beobachten eine gefährliche Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben», erklärt Doris Pfeiffer vom GKV-Spitzenverband. Diese Entwicklung trifft auf ein System, das durch Corona-Nachwirkungen und demographische Veränderungen ohnehin geschwächt ist. Hinzu kommen die Folgen des Ukraine-Kriegs, der nicht nur Lieferketten für medizinische Produkte belastet, sondern auch zusätzliche Versorgungsbedarfe für Geflüchtete geschaffen hat.
Besonders besorgniserregend: Die Kostenexplosion trifft Versicherte ungleich. In ländlichen Regionen wie der Uckermark oder Vorpommern, wo die medizinische Infrastruktur bereits dünn ist, könnten weitere Einschränkungen drastische Folgen haben. Ein Landarzt aus Brandenburg berichtet: «Viele meiner älteren Patienten können sich schon jetzt die Zuzahlungen kaum leisten. Was passiert, wenn die Beiträge weiter steigen?»
Was bedeutet dies für die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung? Ohne entschlossenes politisches Handeln drohen höhere Beiträge bei gleichzeitiger Leistungsreduzierung – eine gefährliche Kombination für die Versorgungssicherheit vulnerabler Bevölkerungsgruppen. Die Herausforderung liegt nicht nur in der Kostendämpfung, sondern in der Frage, wie wir ein solidarisches Gesundheitssystem in Zeiten multipler Krisen bewahren können. Die Antwort darauf wird nicht nur über Zahlen entscheiden, sondern über die gesundheitliche Zukunft von Millionen Menschen.