Im Hausflur meiner Düsseldorfer Redaktion traf ich gestern einen langjährigen Bekannten, der bei einer Krankenkasse arbeitet. «Michael, mach dich auf einen Schock bei deiner nächsten Gehaltsabrechnung gefasst», warnte er mich. Die gesetzlichen Krankenkassen schlagen Alarm: Der durchschnittliche Zusatzbeitrag könnte 2024 von aktuell 1,7 Prozent auf bis zu 2,3 Prozent steigen. Für Millionen Versicherte bedeutet das eine spürbare Mehrbelastung.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Zum einen hat die Bundesregierung die Finanzhilfen für die Kassen drastisch zurückgefahren. Zum anderen steigen die Ausgaben für neue Therapien und Medikamente kontinuierlich an. «Ohne zusätzliche Mittel vom Bund droht dem System ein Defizit von 15 bis 25 Milliarden Euro», erklärt Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.
Besonders betroffen sind Menschen mit niedrigem Einkommen. Eine Büroassistentin aus Frankfurt erzählte mir: «Bei meinem Gehalt von 2.200 Euro brutto bedeutet jede Beitragserhöhung weniger Geld für Lebensmittel und Heizung.» Diese Sorgen höre ich derzeit überall.
Was mich dabei besonders nachdenklich stimmt: Während wir über Entlastungen diskutieren, kommen durch die Hintertür neue Belastungen auf die Bürger zu. In meinen 15 Jahren als Wirtschaftsjournalist habe ich selten erlebt, dass Krankenkassen so deutlich vor finanziellen Engpässen warnen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach steht nun unter Druck, schnell Lösungen zu präsentieren. Experten fordern eine grundlegende Reform der Krankenversicherung. Doch die Zeit drängt. Für uns alle stellt sich die Frage: Wie viel ist uns ein solidarisches Gesundheitssystem wert – und wie verteilen wir diese Kosten fair?