Als Mainz 05 letzte Woche gegen Omonia Nikosia antrat, war ich nicht nur vom 2:1-Erfolg beeindruckt, sondern vor allem von der Art, wie die 15.000 Fans das Spiel erlebten. Die neue Fan-App der 05er, die erst seit drei Monaten verfügbar ist, hat das Stadionerlebnis grundlegend verändert. Laut Vereinsangaben nutzen bereits 78% der Dauerkartenbesitzer die Anwendung – eine bemerkenswerte Adaptionsrate für eine Technologie, die gerade erst eingeführt wurde.
Die App bietet nicht nur Echtzeit-Statistiken und alternative Kamerawinkel, sondern verknüpft das physische Stadionerlebnis mit der digitalen Welt. Besonders faszinierend ist die Community-Funktion: Fans können während des Spiels in thematischen Chatgruppen diskutieren, Spielzüge analysieren und sogar kleine Wetten auf den nächsten Torschützen abschließen. «Wir wollen keine Fans, die nur auf ihre Handys starren», erklärt Digitalchef Markus Weber. «Stattdessen schaffen wir digitale Touchpoints, die das gemeinsame Erlebnis verstärken.»
Was mich wirklich überrascht hat: Die intensivsten Nutzer sind nicht die Digital Natives, sondern die 45- bis 60-jährigen Fans. Diese Gruppe scheint besonders die Möglichkeit zu schätzen, historische Vergleichsdaten abzurufen oder mit alten Spielen in Beziehung zu setzen. Ein 53-jähriger Fan neben mir zeigte mir begeistert, wie er gerade die Laufwege des heutigen Stürmers mit denen von Jürgen Klopp aus den 90ern verglich – eine faszinierende Zeitreise durch die Vereinsgeschichte.
Natürlich gibt es auch Kritik. Einige Traditionsfans befürchten eine «Smartphone-isierung» des Fußballs und den Verlust der reinen Atmosphäre. Doch was ich beobachte: Die Technologie scheint eher zusätzliche Gesprächsanlässe zu schaffen als die Stimmung zu dämpfen. Die Frage bleibt: Wird diese Art von digitalem Fan-Erlebnis bald Standard in allen Bundesliga-Stadien? Und verlieren wir dabei etwas Wesentliches, oder gewinnen wir neue Dimensionen der Fußballkultur?