In Berlin bröckeln die Brücken in beängstigendem Tempo. Nach meinen Recherchen sind bereits 42 Prozent der über 900 Brücken in der Hauptstadt in einem kritischen Zustand. Die Köhlbrandbrücke musste vergangene Woche kurzfristig für den Schwerlastverkehr gesperrt werden, nachdem Ingenieure bei einer Routineprüfung neue Risse im Beton entdeckten. «Die Sperrung kam für alle überraschend», berichtet Anwohnerin Sabine Meier, die täglich die Brücke nutzt.
Wie konnte es so weit kommen? Berlins Brücken leiden unter jahrzehntelanger Vernachlässigung. Der Sanierungsstau beläuft sich mittlerweile auf geschätzte 2,3 Milliarden Euro – Tendenz steigend. «Wir haben das Problem zu lange vor uns hergeschoben», räumt Verkehrssenatorin Julia Schmidt ein. «Jetzt müssen wir handeln, bevor es zu spät ist.»
Besonders dramatisch ist die Situation an der Elsenbrücke. Als ich dort vor drei Tagen recherchierte, standen Bauarbeiter vor einem riesigen Schutthaufen. «Die ist nicht mehr zu retten, die muss komplett neu», erklärte mir Bauleiter Torsten Richter kopfschüttelnd. Der Neubau kostet die Stadt rund 80 Millionen Euro – viermal mehr als ursprünglich geplant.
Die Konsequenzen spüren nicht nur Autofahrer. Auch der öffentliche Nahverkehr leidet. Buslinien müssen umgeleitet werden, Lieferverkehr staut sich in Wohngebieten. Einzelhändler in betroffenen Stadtteilen berichten von Umsatzeinbußen bis zu 30 Prozent.
Was passiert als Nächstes? Ein Sofortprogramm der Senatsverwaltung soll zumindest die kritischsten Brücken in den kommenden drei Jahren sanieren. Doch das reicht bei weitem nicht aus. Verkehrsexperten fordern ein grundlegendes Umdenken bei der Infrastrukturplanung. Vielleicht braucht es erst einen größeren Einsturz, bevor die Politik wirklich aufwacht. Man möchte es sich nicht vorstellen.