In Marburg sorgte gestern ein Diskussionsabend zur Ukraine-Krise für volle Reihen. Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, traf auf ein gespaltenes Publikum in der Alten Aula der Philipps-Universität. «Der Krieg in der Ukraine ist ein Angriff auf unsere Freiheit und unsere Werte», erklärte der SPD-Politiker vor rund 200 Besuchern. Seit dem russischen Einmarsch vor zwei Jahren ringen viele Deutsche mit der Frage nach der richtigen Unterstützung.
Der Abend zeigte, wie tief die Gräben in der Bevölkerung sind. Während Roth für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine warb, forderten Protestierende im Publikum diplomatische Lösungen. «Wir müssen die Ukraine unterstützen, solange es nötig ist», betonte Roth und verwies auf die Souveränität des angegriffenen Landes. Ein Friedensaktivist konterte: «Jede weitere Waffe verlängert das Sterben.»
Was mich besonders beeindruckte: Die Emotionalität der Debatte. Als Journalistin habe ich viele politische Diskussionen erlebt, aber selten war die Atmosphäre so aufgeladen. Eine ältere Dame, die nach eigenen Angaben den Zweiten Weltkrieg miterlebte, fragte mit zitternder Stimme: «Haben wir nichts aus der Geschichte gelernt?»
Professor Peter Schmidt von der Universität Marburg mahnte zur Differenzierung: «Wir müssen zwischen dem Wunsch nach Frieden und der Realität der Aggression unterscheiden.» Die Veranstaltung zeigte, dass Außenpolitik längst kein Expertenthema mehr ist, sondern mitten in unserem Alltag angekommen ist.
Der Ukraine-Krieg bleibt auch für unsere Region eine Zerreißprobe. Die Positionen scheinen verhärtet, doch immerhin reden die Menschen miteinander – in Marburg war das gestern zu spüren. Und vielleicht liegt genau darin ein kleiner Hoffnungsschimmer: Im Gespräch bleiben, auch wenn es wehtut.