Die Potsdamer haben gestern ihren Oberbürgermeister Mike Schubert abgewählt. Bei einem Bürgerentscheid stimmten 67,3 Prozent der Wählerinnen und Wähler für seine Abberufung. Die Wahlbeteiligung lag bei 46 Prozent – deutlich höher als die erforderliche Mindestbeteiligung von 25 Prozent. Der SPD-Politiker stand wegen der «RWE-Affäre» seit Monaten unter Druck.
In der brandenburgischen Landeshauptstadt ist die Stimmung gespalten. Vor dem Rathaus versammelten sich gestern Abend etwa 200 Menschen – einige jubelten, andere zeigten sich enttäuscht. «Die Stadt hat gesprochen, das müssen wir akzeptieren», sagte Schubert nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Der 51-Jährige hatte die Stadt seit 2018 regiert und muss sein Amt nun innerhalb von drei Monaten räumen.
Auslöser für die Abwahl war die sogenannte RWE-Affäre. Der Energiekonzern hatte für ein Stadtfest 30.000 Euro gespendet – kurz bevor der Stadtrat über einen Fernwärmevertrag mit RWE abstimmen sollte. Für viele Bürger ein klarer Fall von Interessenkonflikt. «Die Grenze zwischen Spende und Einflussnahme wurde hier eindeutig überschritten», meint Bürgerinitiativensprecher Thomas Müller.
Ich habe die Menschen in Potsdam in den letzten Wochen beobachtet. Was mich beeindruckt: Trotz hitziger Debatten blieben die Diskussionen meist sachlich. Bei meinen Gesprächen auf dem Wochenmarkt wurde deutlich: Vielen ging es nicht nur um die Spende, sondern um einen grundsätzlichen Vertrauensverlust.
Für Potsdam beginnt nun eine Phase der Neuorientierung. Eine Neuwahl muss innerhalb der nächsten sechs Monate stattfinden. Bis dahin führt Bürgermeister Burkhard Exner die Amtsgeschäfte. Die Frage bleibt: Welche Lehren zieht die Stadt aus dieser Krise? Der Fall Schubert könnte ein Weckruf für mehr Transparenz in der Kommunalpolitik sein.