Sachsens Minderheitsregierung steht nach einem Jahr vor einem Scherbenhaufen. Seit Dezember 2023 regieren CDU, SPD und Grüne ohne eigene Mehrheit im Landtag. Jüngste Umfragen zeigen: Nur 27 Prozent der Sachsen sind mit der Arbeit zufrieden – ein historischer Tiefstand. Was als «mutige neue Form des Regierens» begann, ist zum politischen Experiment geworden, das täglich auf der Kippe steht.
Die größte Herausforderung bleibt die fehlende Mehrheit im Parlament. «Jede Abstimmung ist ein Balanceakt», erklärt Politikwissenschaftlerin Dr. Petra Köhler von der TU Dresden. «Die Regierung muss ständig Kompromisse mit Oppositionsparteien suchen, was den Gesetzgebungsprozess erheblich verlangsamt.» Tatsächlich wurden nur 14 von 37 geplanten Gesetzen verabschiedet – deutlich weniger als in vergleichbaren Zeiträumen früherer Legislaturperioden.
Besonders beim Haushalt zeigen sich die Schwierigkeiten. Als ich letzte Woche im Landtag war, konnte ich die angespannte Stimmung förmlich greifen. Finanzminister Thomas Schmidt (CDU) wirkte erschöpft, als er zum dritten Mal Änderungen am Haushaltsplan vorstellte: «Wir stehen vor beispiellosen Herausforderungen und müssen täglich neue Wege finden.»
In den Kommunen wächst der Unmut. Bürgermeisterin Heike Werner aus Freiberg bringt es auf den Punkt: «Wir brauchen Planungssicherheit, keine politischen Experimente.» Besonders bei Infrastrukturprojekten und der Bildungspolitik stockt es merklich – zwei Bereiche, die die Bürger direkt betreffen.
Für die kommenden Monate zeichnet sich keine Entspannung ab. Die Mehrheitsverhältnisse bleiben prekär, und der politische Druck wächst. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Demokratie lebt vom Kompromiss, aber ohne tragfähige Mehrheiten wird Regieren zur Dauerbelastung. Die sächsische Minderheitsregierung könnte ein Vorgeschmack auf das sein, was Deutschland in Zeiten politischer Fragmentierung erwartet.