Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Erzbistum Hamburg stockt. Betroffenenvertreter kritisieren, dass das Bistum wichtige Informationen zurückhält. Nach einem aktuellen Bericht verweigert das Erzbistum die Herausgabe von Personalakten und Daten zu beschuldigten Priestern und Angestellten – und das trotz wiederholter Bitten der unabhängigen Aufarbeitungskommission.
«Man fühlt sich wie vor einer Wand», erklärt Thomas Greve, Vertreter der Betroffenen in der Kommission. Seit Monaten versuche das Gremium, an grundlegende Dokumente zu gelangen. Besonders problematisch: Ohne diese Personalakten lässt sich das tatsächliche Ausmaß des Missbrauchs im Norden kaum erfassen.
Das Erzbistum hingegen beruft sich auf Datenschutz und kirchliches Arbeitsrecht. «Wir müssen hier einen schwierigen Balanceakt leisten», sagt Bistumssprecher Manfred Nielen. Doch diese Argumentation stößt auf Kritik. Der renommierte Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Uni Münster hält dagegen: «Datenschutz darf kein Täterschutz werden.»
Die Parallelen zu anderen Bistümern sind auffällig. Auch in Köln und München verzögerte die Zurückhaltung von Akten die Aufarbeitung jahrelang. Bei meinen Recherchen in Baden-Württemberg erlebte ich ähnliche Muster: Erst nach öffentlichem Druck bewegte sich die Kirchenleitung.
Für die Betroffenen ist diese Verzögerungstaktik eine weitere Belastung. «Jeder Tag ohne Transparenz ist ein Tag zu viel», sagt ein Betroffener, der anonym bleiben möchte. Das Versprechen einer «schonungslosen Aufklärung», das Erzbischof Stefan Heße vor zwei Jahren gab, klingt für viele mittlerweile hohl. Die Frage bleibt: Was hat das Hamburger Erzbistum zu verbergen?
Mehr Informationen zur bundesweiten Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche bietet die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.