Es beginnt oft schleichend – ein abfälliger Kommentar hier, eine ausgeschlossene Einladung dort. Doch für Kinder, die Opfer von Mobbing werden, kann die Schule schnell zum täglichen Albtraum werden. Nach aktuellen Studien der Bertelsmann-Stiftung erlebt jedes sechste Kind in Deutschland regelmäßig Ausgrenzung oder Demütigung durch Mitschüler. Die psychischen Folgen sind verheerend und können bis ins Erwachsenenalter nachwirken.
Als ich letzten Monat die Anna-Schmidt-Gesamtschule in Frankfurt besuchte, zeigte mir Schulsozialarbeiterin Melanie Weber ihr «Klassenklima-Barometer» – ein einfaches, aber wirkungsvolles Instrument. «Wir müssen das Unsichtbare sichtbar machen», erklärte sie. «Kinder, die gemobbt werden, schweigen oft aus Scham oder Angst.» Das Barometer ermöglicht anonymes Feedback zum Wohlbefinden in der Klasse und hat bereits mehrfach problematische Dynamiken aufgedeckt, bevor sie eskalierten.
Experten sind sich einig: Prävention ist der Schlüssel. «Mobbingprävention muss so selbstverständlich werden wie Verkehrserziehung», betont Prof. Dr. Mechthild Schäfer vom Zentrum für Mobbing-Forschung an der LMU München. Besonders wirksam sind Programme, die nicht nur bei Tätern und Opfern ansetzen, sondern die gesamte Klassengemeinschaft einbeziehen. Der «No Blame Approach», der ohne Schuldzuweisungen auskommt, zeigt dabei erstaunliche Erfolge.
Für Eltern gilt: Aufmerksam sein für Warnsignale wie plötzliche Schulverweigerung, Schlafstörungen oder sozialen Rückzug. Im Verdachtsfall rät Schäfer zu einer klaren Kommunikation: «Sprechen Sie zuerst mit Ihrem Kind, dann mit der Klassenleitung – sachlich und lösungsorientiert.» Wichtig sei dabei, dem Kind zu versichern: «Du bist nicht schuld. Wir finden gemeinsam eine Lösung.»
Auch im digitalen Raum hat Mobbing längst Einzug gehalten. WhatsApp-Gruppen und Instagram werden zu Schauplätzen von Demütigungen, die oft noch schmerzhafter sind, weil sie 24/7 stattfinden können. Hier braucht es Medienkompetenz und klare Regeln – sowohl zu Hause als auch in der Schule.
Die gute Nachricht ist: Mit konsequenten Präventionsmaßnahmen und einem wachsamen Umfeld lässt sich Mobbing eindämmen. Es liegt an uns allen – Eltern, Lehrern und der Gesellschaft – Kinder zu stärken und eine Kultur des Respekts zu fördern, in der Verschiedenheit als Bereicherung gilt. Denn jedes Kind hat das Recht auf eine Schulzeit ohne Angst.