Die Messerattacke vom letzten Sommer erschüttert Dortmund noch immer. Seit gestern steht ein 15-jähriger Syrer vor dem Landgericht, angeklagt wegen Mordes und versuchten Mordes. Mitten auf dem St.-Michaels-Kirchplatz in der Nordstadt soll er einen 31-jährigen Kongolesen niedergestochen haben. Das Opfer erlag kurz darauf seinen Verletzungen. Die Statistik zeigt: In NRW ist die Zahl der Messerangriffe im letzten Jahr um 22 Prozent gestiegen.
Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – typisch für Verfahren gegen Minderjährige. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Jugendlichen vor, aus niedrigen Beweggründen gehandelt zu haben. Nach Erkenntnissen der Ermittler soll er gemeinsam mit zwei Freunden gezielt nach einem Opfer gesucht haben.
«Er wollte beweisen, dass er jemanden töten kann», sagte ein Justizsprecher zum möglichen Motiv. Auch zwei weitere Männer wurden bei dem Angriff verletzt. Einer von ihnen, ein 21-Jähriger, überlebte nur dank einer Notoperation.
Die Tat ereignete sich am helllichten Tag auf einem belebten Platz. «In der Nordstadt spürt man seitdem eine Verunsicherung, die vorher so nicht da war», berichtet die Dortmunder Sozialarbeiterin Petra Müller. «Viele Menschen meiden den Platz, besonders abends.»
Vor Gericht schweigt der Angeklagte bislang. Seine Verteidiger haben angekündigt, erst zu einem späteren Zeitpunkt Stellung zu nehmen. Die beiden Begleiter des 15-Jährigen müssen sich in separaten Verfahren verantworten.
Das Jugendstrafrecht sieht bei Verurteilung wegen Mordes eine Höchststrafe von zehn Jahren vor. Eine Entscheidung wird für Anfang Dezember erwartet. Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie können wir Jugendgewalt wirksamer vorbeugen? Und welche Integrationsangebote brauchen junge Geflüchtete, um nicht in Gewaltspiralen zu geraten?