Das Kölner Landgericht hat gestern einen 54-jährigen Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass er im vergangenen Oktober seinen Nachbarn im Stadtteil Mülheim mit 56 Messerstichen tötete. Der Täter hatte dem 58-jährigen Opfer in dessen Wohnung aufgelauert und ihn brutal angegriffen. Laut Gerichtsmedizin waren mehrere der Stiche tödlich.
Der Fall erschütterte die Nachbarschaft besonders, weil beide Männer jahrelang Tür an Tür gewohnt hatten. Als ich mit Anwohnern sprach, zeigte sich ihre Fassungslosigkeit: «Wir haben nie geahnt, dass da so ein Hass war«, erzählte mir eine ältere Dame aus dem Wohnhaus.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft entwickelte der Täter über Monate hinweg eine tiefe Abneigung gegen seinen Nachbarn. Kleinere Streitigkeiten über Lärm und andere Alltagskonflikte hätten sich zu einem regelrechten Hass gesteigert. «Diese Tat zeigt eine erschreckende Enthemmung«, erklärte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer.
Die Verteidigung hatte auf Totschlag plädiert und argumentierte, der Angeklagte habe in einem emotionalen Ausnahmezustand gehandelt. Das Gericht folgte dieser Einschätzung nicht und stellte eine besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren praktisch ausgeschlossen.
Der Bruder des Opfers, der als Nebenkläger auftrat, zeigte sich erleichtert über das Urteil. «Nichts bringt meinen Bruder zurück, aber wenigstens wurde Gerechtigkeit geübt«, sagte er nach der Urteilsverkündung mit tränenerstickter Stimme.
Der Fall wirft ein Schlaglicht auf das Zusammenleben in anonymer werdenden Großstädten. Wie können Konflikte zwischen Nachbarn frühzeitig entschärft werden, bevor sie eskalieren? Die Kölner Polizei verweist auf ihre Beratungsangebote zur Konfliktlösung – ein Ansatz, der möglicherweise Leben retten kann.