Die Ruhe der Nacht gehört in Stuttgart den Anwohnern – eigentlich. Doch was passiert, wenn aus einer Ausnahme ein Muster wird? Am Flughafen Stuttgart werden immer häufiger Verstöße gegen das Nachtflugverbot registriert. Die Zahlen sind alarmierend: Allein im ersten Halbjahr 2023 gab es über 80 gemeldete Fälle. Besonders auffällig ist ein Frachtflieger, der wiederholt die Regeln missachtete.
In den ruhigen Wohngebieten rund um den Flughafen spüren die Menschen die Auswirkungen unmittelbar. «Der Lärm reißt einen aus dem Schlaf, und am nächsten Tag ist man gerädert», erzählt Marion Weber aus Filderstadt, deren Haus direkt unter der Einflugschneise liegt.
Die Regeln sind eigentlich klar: Zwischen 23:30 Uhr und 6:00 Uhr dürfen keine planmäßigen Starts oder Landungen stattfinden. Doch die Realität sieht anders aus. Eine Frachtmaschine der Turkish Airlines landete kürzlich gleich dreimal innerhalb einer Woche deutlich nach Mitternacht. Die offiziellen Gründe: technische Probleme und Wetterbedingungen.
Das Regierungspräsidium Stuttgart, zuständig für die Ahndung solcher Verstöße, verhängt zwar Bußgelder – doch diese scheinen kaum abschreckend zu wirken. «Die Strafen bewegen sich meist im vierstelligen Bereich», erklärt Luftfahrtexperte Dr. Matthias Baumann. «Für große Airlines sind das Peanuts verglichen mit den Kosten einer Flugverschiebung.»
Auf meinen Presseterminen in Leinfelden-Echterdingen höre ich immer häufiger die gleichen Klagen. Die Bürgerinitiative «Leiser Luftverkehr» sammelt inzwischen systematisch Daten und hat eine beeindruckende Dokumentation erstellt.
Die Landesregierung steht nun unter Druck, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Eine Erhöhung der Bußgelder wird diskutiert, ebenso wie strengere Kontrollen und transparentere Berichterstattung über die Verstöße. Mehr Informationen gibt’s beim Regierungspräsidium Stuttgart.
Was bleibt, ist die Frage: Wiegt wirtschaftliches Interesse schwerer als die Gesundheit der Anwohner? Der zunehmende Unmut könnte bald zu einer breiteren öffentlichen Debatte führen. Die Nächte über Stuttgart bleiben vorerst unruhig.