Die Bürgerinnen und Bürger Potsdams haben gestern ihren Oberbürgermeister Mike Schubert abgewählt. 78,5 Prozent stimmten für seine Abberufung – eine überwältigende Mehrheit, die selbst politische Beobachter überraschte. Das Votum übertraf deutlich die erforderliche Mindestbeteiligung von 15 Prozent aller Wahlberechtigten.
Seit 2018 stand der SPD-Politiker an der Spitze der brandenburgischen Landeshauptstadt. Der Fall begann mit einer Korruptionsaffäre in der städtischen Arbeiterwohlfahrt, die auch Schuberts Ehefrau betraf. Obwohl gegen ihn selbst nicht ermittelt wurde, warfen ihm Kritiker mangelnde Transparenz vor. «Das Vertrauensverhältnis war nicht mehr zu kitten«, erklärt der Politikwissenschaftler Klaus Hoffmann von der Universität Potsdam.
Der SPD-Kreisverband hatte bis zuletzt hinter Schubert gestanden. «Wir bedauern das Ergebnis, respektieren aber den Willen der Potsdamer», erklärte die Kreisvorsitzende Ina Schmidt nach Bekanntgabe der Zahlen. Auffällig war die hohe Wahlbeteiligung von 50,3 Prozent – ein Zeichen für das große öffentliche Interesse an dieser Abstimmung.
Als ich gestern Abend durch die Potsdamer Innenstadt ging, spürte ich die Erleichterung vieler Menschen. «Jetzt können wir wieder nach vorne schauen», sagte mir eine Ladenbesitzerin in der Brandenburger Straße.
Bis zur Neuwahl in etwa drei Monaten wird Bürgermeister Burkhard Exner die Amtsgeschäfte führen. Die Entscheidung in Potsdam könnte auch auf andere Kommunen ausstrahlen, wo das Vertrauen in die lokale Politik schwindet. Sie zeigt: Bürger nehmen ihr demokratisches Korrektiv ernst, wenn sie das Gefühl haben, nicht mehr gehört zu werden.