Als ich heute Morgen die Nachrichten aus Hannover verfolgte, war klar: In Niedersachsen hat sich ein bedeutsamer Machtwechsel vollzogen. Der bisherige Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) wurde vom Landtag zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Der 57-Jährige tritt die Nachfolge von Stephan Weil an, der nach mehr als elf Jahren im Amt seinen Rückzug angekündigt hatte. Lies erhielt im ersten Wahlgang 75 von 135 abgegebenen Stimmen.
«Ich bin dankbar und demütig vor der Aufgabe», sagte Lies nach seiner Wahl. Der gelernte Elektroingenieur bringt reichlich Regierungserfahrung mit: Seit 2013 gehörte er durchgehend dem niedersächsischen Kabinett an, zunächst als Wirtschafts-, dann als Umweltminister, zuletzt wieder im Wirtschaftsressort. In meinen Gesprächen mit ihm fiel mir stets seine pragmatische Herangehensweise auf – etwas, das er vermutlich aus seiner früheren Tätigkeit als Bürgermeister im friesischen Sande mitgebracht hat.
Die politischen Herausforderungen für den neuen Regierungschef sind erheblich. Niedersachsen kämpft mit einer angespannten Haushaltslage und Wirtschaftsproblemen. Besonders die Krise bei Volkswagen, dem größten Arbeitgeber des Landes, bereitet Sorgen. «Das Land steht vor beispiellosen Herausforderungen», betonte Grünen-Fraktionschefin Anne Kura. Sie sicherte Lies konstruktive Zusammenarbeit zu – schließlich regiert die SPD weiterhin in einer Koalition mit den Grünen.
Mit seinem bodenständigen Auftreten und seiner Verwurzelung im ländlichen Raum setzt Lies andere Akzente als sein Vorgänger Weil. Als ich ihn vor Jahren in seinem Heimatort besuchte, zeigte er mir stolz den örtlichen Sportverein, in dem er sich engagiert. Diese Verbindung zur Basis könnte ihm helfen, in politisch aufgeheizten Zeiten Brücken zu bauen. Für Niedersachsen beginnt ein neues Kapitel – mit alten Problemen, aber frischem Wind an der Spitze.