Der Streit um ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr nimmt Fahrt auf. Wie am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga» deutlich wurde, prallen die Positionen von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und CDU-Chef Friedrich Merz aufeinander. Während Pistorius ein verpflichtendes Jahr für alle jungen Menschen fordert, hält Merz die Idee für unrealistisch und zu teuer.
Die Debatte hat einen ernsten Hintergrund: Die Bundeswehr kämpft mit Personalmangel, bis 2031 werden etwa 20.000 Soldatinnen und Soldaten in den Ruhestand gehen. Pistorius sieht in einem Pflichtdienst eine Chance, mehr junge Menschen für den Dienst an der Gesellschaft zu gewinnen. «Wir müssen den Zusammenhalt stärken und gleichzeitig die Personallücken schließen«, betonte er. Die Dienstpflicht solle dabei nicht nur die Bundeswehr, sondern auch soziale Einrichtungen und den Katastrophenschutz umfassen.
Merz hingegen wirft dem Minister Unkenntnis vor: «Wer die Kosten nicht kennt, sollte keine Vorschläge machen.» Nach seinen Berechnungen würde ein verpflichtendes Jahr den Staat jährlich etwa 30 Milliarden Euro kosten – Geld, das im Haushalt nicht vorhanden sei. Zudem sei die Infrastruktur für die Unterbringung und Ausbildung von 700.000 jungen Menschen pro Jahr nicht gegeben.
Besonders hitzig wurde es, als Pistorius der Union vorwarf, keine konstruktiven Alternativen anzubieten. «Wir müssen jetzt handeln, nicht nur kritisieren», entgegnete er. In Hamburg, wo ich vergangene Woche mit Bundeswehrangehörigen sprach, spürt man die Verunsicherung: «Wir brauchen dringend Nachwuchs, aber ein Pflichtdienst allein wird unsere Probleme nicht lösen«, sagte mir ein Hauptfeldwebel.
Die Debatte zeigt, wie schwierig der Spagat zwischen Wehrfähigkeit und gesellschaftlichen Realitäten ist. Ob ein Pflichtjahr kommt, bleibt fraglich – klar ist nur, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit stärken muss. Die entscheidende Frage lautet: Was sind wir bereit, für unsere Sicherheit zu investieren – an Geld und an persönlichem Einsatz?