Die Herbstluft in Dresden hat sich gewandelt. Während viele Allergiker aufatmen, wenn die Birke längst verblüht ist, bringt der goldene Oktober seine eigenen Herausforderungen mit sich. Ich beobachte seit Jahren, wie sich die Pollensaison verschiebt – was früher mit dem ersten Frost endete, zieht sich heute oft bis in den November. Laut aktuellen Messungen des Deutschen Pollininformationsdienstes liegt die Belastung durch Ambrosia heute im mittleren Bereich, während späte Gräserpollen nur noch schwach nachweisbar sind.
Die Klimaveränderungen haben die Pollenlandschaft Dresdens spürbar verändert. Wo früher Ende September Ruhe einkehrte, kämpfen heute etwa 15% der Stadtbevölkerung mit Herbstallergenen. «Die Ausbreitung der Ambrosia ist besonders problematisch», erklärt Dr. Martina Schulz von der Allergieambulanz des Universitätsklinikums Dresden. «Diese ursprünglich nordamerikanische Pflanze hat sich in den letzten Jahren durch mildere Winter stark vermehrt.» Bemerkenswert ist die Entwicklung im Vergleich zur Situation in Osteuropa: Während in Polen die Ambrosia-Belastung bereits seit 2015 kritische Werte erreicht, erlebt Dresden den Anstieg erst seit etwa drei Jahren.
Die Beifuß-Ambrosie, wie Botaniker sie nennen, ist nicht nur außergewöhnlich allergen – ein Quadratmeter kann bis zu eine Milliarde Pollenkörner freisetzen –, sondern auch erstaunlich anpassungsfähig. Historisch gesehen erinnert die Situation an die Einschleppung des Riesen-Bärenklaus in den 1980er Jahren, wenn auch mit gravierenderen gesundheitlichen Folgen. Neben der Ambrosia belasten aktuell noch vereinzelt Gräserpollen und in geringem Maße Pilzsporen die Dresdner Luft.
Für Allergiker empfiehlt sich heute, die Morgenstunden für Aktivitäten im Freien zu meiden und abends die Haare zu waschen. Die Belastung wird voraussichtlich mit dem ersten strengeren Nachtfrost enden – wann genau, bleibt die große Ungewissheit dieses ungewöhnlich warmen Herbstes. Wer unter den typischen Symptomen leidet, sollte allerdings nicht nur auf das Wetter hoffen, sondern ärztlichen Rat suchen. Denn während wir über Pollenflugdaten sprechen, geht es im Kern um etwas viel Wichtigeres: die Lebensqualität tausender Dresdner in einer sich wandelnden Umwelt.