Die Diskussion um eine mögliche Wiedereinführung der Praxisgebühr erhitzt die politischen Gemüter. Nachdem führende Unionspolitiker eine Neuauflage der 2013 abgeschafften Gebühr ins Gespräch gebracht haben, warnt Linken-Chef Martin Schirdewan vor gravierenden sozialen Folgen: «CDU und CSU bereiten eine Drei-Klassen-Medizin für Deutschland vor», erklärte er gegenüber dem Tagesspiegel.
Die Idee einer Praxisgebühr ist nicht neu. Zwischen 2004 und 2012 mussten gesetzlich Versicherte pro Quartal zehn Euro für den ersten Arztbesuch entrichten. Das Konzept wurde damals mit dem Argument eingeführt, unnötige Arztbesuche zu reduzieren und die Gesundheitskosten zu senken. Doch die erhofften Steuerungseffekte blieben aus, während der bürokratische Aufwand für Arztpraxen erheblich war.
Gesundheitsexperten sehen eine mögliche Neuauflage kritisch. «Eine Praxisgebühr trifft vor allem Menschen mit geringem Einkommen und chronisch Kranke», erklärt Prof. Dr. Magdalena Hoffmann vom Institut für Gesundheitsökonomie in Berlin. «Gerade diese Gruppen könnten notwendige Behandlungen aufschieben, was langfristig zu schwereren Krankheitsverläufen und höheren Kosten führen kann.»
Die Debatte fällt in eine Zeit wachsender finanzieller Belastungen für das Gesundheitssystem. Nach Schätzungen des GKV-Spitzenverbandes droht den gesetzlichen Kassen 2025 ein Defizit von bis zu 25 Milliarden Euro. Die Unionspolitiker argumentieren, dass Einsparungen und neue Einnahmequellen unvermeidbar seien.
Schirdewan kontert: «Statt die Schwächsten zu belasten, sollten wir über eine solidarische Bürgerversicherung nachdenken, in die alle einzahlen – auch Spitzenverdiener, Beamte und Selbstständige.» Die soziale Spaltung im Gesundheitswesen würde durch eine Praxisgebühr nur verschärft, während die grundlegenden Finanzierungsprobleme ungelöst blieben.
Ob die Praxisgebühr tatsächlich zurückkehrt, bleibt abzuwarten. Fest steht: Die Diskussion darüber hat das Potenzial, zu einem zentralen Thema im kommenden Bundestagswahlkampf zu werden.