In Lüneburg endet heute ein Prozess, der wie aus einem Krimi stammt: Mitarbeiter des Landkreises verkauften offenbar über Jahre hinweg Aufenthaltstitel an ausländische Staatsangehörige. Seit September stehen sechs Angeklagte vor dem Landgericht. Ihnen wird vorgeworfen, ein System entwickelt zu haben, das Menschen ohne Bleiberecht gegen Zahlung hoher Geldbeträge zu Aufenthaltstiteln verhalf.
Was mich bei diesem Fall besonders erschüttert: Die Behörde, die eigentlich für Sicherheit und Ordnung sorgen soll, wurde zum Umschlagplatz für illegale Dokumente. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sollen für einen Aufenthaltstitel bis zu 5.000 Euro geflossen sein. Das Geld wurde meist in bar übergeben – auf Parkplätzen oder in Cafés, wie mir ein Prozessbeobachter berichtete.
Der Hauptangeklagte, ein 30-jähriger ehemaliger Sachbearbeiter der Ausländerbehörde, schweigt zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger betont: «Mein Mandant war nur ein kleines Rädchen im System.» Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. «Wir haben klare Beweise für 16 Fälle von Bestechlichkeit und Urkundenfälschung», erklärte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge.
Eine mitangeklagte Dolmetscherin fungierte offenbar als Vermittlerin. Sie nutzte ihre Position, um Kontakte herzustellen und übersetzte bei Behördengängen. In Niedersachsen, wo viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, traf dieses «Angebot» auf verzweifelte Menschen in prekären Situationen.
Als ich vor Jahren über Asylverfahren in Baden-Württemberg berichtete, erzählten mir viele Menschen von ihrer Angst vor Abschiebung. Diese Angst machten sich die Angeklagten zunutze – ein perfider Missbrauch von Amtsbefugnissen und Vertrauen.
Für das Landgericht Lüneburg ist dieser Fall ein Musterbeispiel für Korruption im öffentlichen Dienst. Die erwarteten Urteile könnten ein wichtiges Signal senden: Wer Aufenthaltsrecht zur Handelsware macht, muss mit erheblichen Konsequenzen rechnen. Doch bleibt die Frage: Wie konnte dieses System so lange unentdeckt bleiben? Behörden sollten ihre Kontrollmechanismen dringend überprüfen.
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