In der Mensa einer Schule in Süddeutschland filmt ein Schüler heimlich mit. Seine Mitschüler diskutieren über «den nächsten Hitler», der «das Geschäft zu Ende bringen» müsse. Sie sprechen über «Juden im Hintergrund» und witzeln über Vergasungen. Szenen, die erschrecken – und laut neuen Recherchen kein Einzelfall sind.
Investigative Journalisten des Stern haben über Monate Beweismaterial gesammelt. Das Ergebnis: An zahlreichen Schulen floriert rechtsextremes Gedankengut. Oft versteckt hinter vermeintlich harmlosem Humor oder als Protest getarnt. «Wir sehen eine neue Qualität der Normalisierung von NS-Symbolen und Sprache«, erklärt Prof. Dr. Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung. «Was früher als Grenzüberschreitung galt, wird heute als provokantes Meme abgetan.»
In Hamburg beobachte ich diese Entwicklung seit Jahren mit Sorge. Als ich 2018 eine Schule für eine Reportage besuchte, zeigten mir Lehrer noch vereinzelte rechtsextreme Schmierereien. Heute berichten sie von organisierten Gruppen, die gezielt über Messenger-Dienste rekrutieren.
«Die Ursachen liegen tiefer», sagt Bildungsexpertin Maria Berndt. «Wir haben zu lange weggeschaut und verharmlosende Begriffe wie ‹Einzelfall› oder ‹Jugendlicher Protest› verwendet.» Ein Schulleiter aus Baden-Württemberg bestätigt mir: «Manche Kollegen sind überfordert oder wollen den Konflikt vermeiden.»
Die Recherchen zeigen aber auch Hoffnung. Schulen mit klaren Konzepten gegen Rechtsextremismus und geschultem Personal erreichen mehr als reine Verbote. Entscheidend ist, dass wir hinschauen – und die Demokratiebildung in unserem Bildungssystem endlich ernst nehmen.