Die Verschwörung, die Deutschland erschüttern sollte, wird nun im Frankfurter Gerichtssaal durchleuchtet. Seit Dienstag stehen neun mutmaßliche «Reichsbürger» vor dem Oberlandesgericht, angeklagt wegen geplanten Hochverrats. Die Gruppe um den selbsternannten Prinzen Heinrich XIII. Reuß soll einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft wollten sie bewaffnet in den Bundestag eindringen und Abgeordnete festnehmen.
Was diese Menschen verbindet, offenbart sich in den ersten Verhandlungstagen: Eine gemeinsame Wahnwelt, in der Deutschland nach 1945 nie souverän geworden sei und weiterhin unter Besatzungsrecht stehe. Diese Ideologie ist der Kitt einer heterogenen Gruppe von Verschwörungsgläubigen, Militärs und Adeligen.
«Sie haben sich in eine Parallelwelt hineingesteigert», erklärte ein Vertreter des Verfassungsschutzes, der die Szene seit Jahren beobachtet. In den Gesprächen der Gruppe, die von Ermittlern abgehört wurden, zeigt sich ein explosives Gemisch aus Elitarismus und Endzeitdenken.
Besonders beunruhigend: Die Vernetzung reichte bis in Bundeswehr und Polizei. Unter den Angeklagten finden sich ehemalige Elitesoldaten und ein ehemaliger AfD-Bundestagsabgeordneter. Sie verfügten über militärisches Know-how und Zugang zu Waffen. In meinen zwanzig Jahren als Journalistin habe ich selten eine Gruppe erlebt, die trotz unterschiedlichster Hintergründe so gefährlich vereint war in ihrem Hass auf die demokratischen Institutionen.
Bei einer Razzia im Dezember 2022 wurden über 130 Objekte durchsucht und zahlreiche Waffen beschlagnahmt. Ein ehemaliger Polizist sagte im Prozess: «Wir wollten Deutschland von der Fremdherrschaft befreien. Wir waren überzeugt, dass uns viele folgen würden.»
Die Dimension dieses Falls zeigt, wie tief verschwörungsideologisches Denken in Teile der Gesellschaft vorgedrungen ist. Während im Gerichtssaal die juristische Aufarbeitung läuft, bleibt die Frage: Wie können demokratische Institutionen Menschen erreichen, die sich vollständig von der Realität abgekoppelt haben?