Die Rentendebatte erreicht eine neue Schärfe: Die Junge Union (JU) fordert von CDU-Chef Friedrich Merz einen klaren Kurswechsel. Beim Deutschlandtag der CDU-Nachwuchsorganisation in Hannover stimmten die Delegierten mit großer Mehrheit für eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 72 Jahre. Eine Position, die Merz bislang vermieden hat. Laut aktueller Forsa-Umfrage lehnen 78 Prozent der Deutschen eine solche Erhöhung ab.
«Die Lage ist dramatischer, als viele wahrhaben wollen», sagt JU-Chef Johannes Winkel. «Während wir über Klimawandel diskutieren, ignorieren wir den demografischen Wandel, der unsere Sozialsysteme zum Einsturz bringen wird.» Die junge Generation sei nicht bereit, die Last allein zu tragen.
Merz reagierte zurückhaltend. «Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, keinen Generationenkonflikt», erklärte er vor den Delegierten. Sein Kurs: flexible Lösungen statt starrer Altersgrenzen.
Diese Vorsicht hat Gründe. Bei meiner letzten Reportagereise durch Baden-Württemberg hörte ich immer wieder die gleichen Sorgen: «Mit kaputtem Rücken bis 70 arbeiten? Unmöglich!» Die Angst vor Altersarmut sitzt tief, besonders in handwerklichen Berufen.
Experten wie Arbeitsmarktforscher Karl Brenke sehen das Problem differenzierter: «Die Lebenserwartung steigt, die Arbeitswelt wird digitaler und körperlich weniger belastend. Doch wir brauchen maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedliche Berufsgruppen.»
Die JU-Forderung könnte zum Härtetest für Merz werden. Bleibt er bei seiner vorsichtigen Linie, riskiert er den Konflikt mit der Parteijugend. Geht er darauf ein, droht Gegenwind von Gewerkschaften und Stammwählern. Der Rentenstreit zeigt: Die schwierigsten Fragen unserer Zeit lassen sich nicht mehr ohne Schmerzen beantworten.