Die Renten- und Bürgergeld-Debatte hat wieder Fahrt aufgenommen. Seit Wochen ringen Politiker um Lösungen für die finanziellen Herausforderungen in beiden Systemen. Während Finanzminister Christian Lindner auf Einsparungen beim Bürgergeld drängt, fordert die Union eine radikale Reform der Grundsicherung. Die Rentenversicherung steht vor einem Rekorddefizit von 3,6 Milliarden Euro – das höchste seit 2010, wie die Deutsche Rentenversicherung gestern mitteilte.
Für die rund 21 Millionen Rentner und 3,9 Millionen Bürgergeld-Empfänger in Deutschland könnte es eng werden. «Wir müssen die Sozialausgaben begrenzen, um unser System zukunftsfest zu machen», sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck gestern in Berlin. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie stark gekürzt wird.
Bei meinen Recherchen in Hamburg habe ich mit Betroffenen gesprochen. «Ich rechne bereits jetzt mit jedem Euro», erzählt Rentnerin Maria K. (74). Nach 45 Arbeitsjahren bleibt ihr eine Rente von 1.250 Euro. «Wenn da noch etwas wegfällt, weiß ich nicht, wie ich über die Runden kommen soll.»
Die Regierung plant nun konkrete Schritte: Beim Bürgergeld sollen die Sanktionen verschärft werden. Arbeitsverweigerer müssen mit empfindlicheren Kürzungen rechnen. Bei der Rente wird über eine Anhebung des Eintrittsalters auf 68 Jahre diskutiert. Zudem könnte der Nachhaltigkeitsfaktor stärker greifen – was die Rentenerhöhungen bremsen würde.
«Diese Debatte verkennt die Lebensrealität vieler Menschen», kritisiert Sozialverband-Präsidentin Verena Bentele. «Wer körperlich hart arbeitet, kann oft nicht bis 67 durchhalten, geschweige denn länger.»
Besonders brisant: Die Reformen sollen bereits 2025 greifen. Die meisten Bürger sind darauf nicht vorbereitet. In meinen fast 20 Jahren als Politikjournalistin habe ich selten erlebt, dass Einschnitte so kurzfristig umgesetzt werden sollten.
Die gesellschaftlichen Folgen dieser Reformen werden uns alle treffen – ob direkt oder indirekt. Experten rechnen mit steigender Altersarmut und wachsender Ungleichheit. Die entscheidende Frage wird sein: Wie viel soziale Sicherheit kann und will sich Deutschland noch leisten? Eine Antwort darauf müssen nicht nur Politiker finden, sondern wir als Gesellschaft.
Mehr Informationen zu den geplanten Änderungen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales.