Die Rettungskette in Hessen zeigt bedenkliche Lücken: Fast jeder dritte Notfall-Patient muss länger als die gesetzliche Frist von zehn Minuten auf Hilfe warten. Das geht aus dem gestern veröffentlichten Prüfbericht des Landesrechnungshofs hervor. Bei rund 760.000 Notfalleinsätzen im Jahr ist jede Verzögerung ein Risiko – besonders bei Herzinfarkten und Schlaganfällen.
«Die Hilfsfristen in den Landkreisen variieren dramatisch», erklärt Matthias Weber, Leiter der Prüfungskommission. In Frankfurt erreichen Rettungswagen 85 Prozent der Notfälle rechtzeitig, in ländlichen Regionen wie dem Vogelsbergkreis nur 58 Prozent. Eine Kluft, die Leben kosten kann.
Die Gründe für die Probleme sind vielschichtig. Personalmangel, veraltete Rettungswachen und uneinheitliche Standards belasten das System. Zudem fehlt eine zentrale Leitstelle für ganz Hessen. Stattdessen arbeiten sechs regionale Zentren mit unterschiedlicher Software nebeneinander her.
Als ich letzten Sommer im Werra-Meißner-Kreis recherchierte, erzählte mir ein Notfallsanitäter: «Manchmal fahren wir 20 Minuten zum Patienten. Das fühlt sich an wie eine Ewigkeit.»
Positiv hebt der Bericht das digitale Notarztsystem in Mittelhessen hervor. Hier unterstützen Telemediziner die Sanitäter per Video bei komplexen Fällen. «Ein Modell mit Zukunft», lobt Weber.
Die Landesregierung will nun 30 Millionen Euro investieren. Geplant sind neue Rettungswachen und mehr Personal. Für Menschen in abgelegenen Regionen dürften diese Maßnahmen allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Wir müssen uns fragen: Darf die Überlebenschance eines Notfallpatienten davon abhängen, ob er in der Stadt oder auf dem Land wohnt?