In Essen entbrennt aktuell eine hitzige Debatte über die Kostenbeteiligung bei Rettungswageneinsätzen. Seit Januar 2024 müssen Bürger einen Eigenanteil von 267 Euro pro Einsatz zahlen – ein Betrag, der viele Menschen überrascht und verunsichert. Die Krankenkassen übernehmen zwar weiterhin den Großteil der Kosten, doch die finanzielle Belastung für Privatpersonen steigt spürbar.
Die Neuregelung betrifft alle medizinisch notwendigen Rettungseinsätze. «Wir sehen täglich Menschen, die schockiert sind, wenn sie die Rechnung erhalten», berichtet Martin Schmidt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Besonders hart trifft es chronisch Kranke und Senioren, die häufiger auf Rettungsdienste angewiesen sind.
Hintergrund der Maßnahme sind die steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Die Stadt Essen begründet den Eigenanteil mit «notwendigen Anpassungen an die wirtschaftliche Realität». Doch Kritiker sehen darin eine gefährliche Entwicklung. «Menschen könnten aus Angst vor Kosten zögern, den Notruf zu wählen», warnt Dr. Claudia Weber vom Ärztenetzwerk Essen.
Ich habe mit Betroffenen vor dem Klinikum Essen gesprochen. Eine 72-jährige Rentnerin erzählte mir mit Tränen in den Augen, dass sie nun zweimal überlegen müsse, bevor sie den Notruf wählt. «Das ist mehr als die Hälfte meiner monatlichen Medikamentenzuzahlungen», sagt sie.
Die Stadtsprecherin betont dagegen, dass bei lebensbedrohlichen Notfällen niemand aus finanziellen Gründen zögern sollte. «In echten Notfällen gibt es Härtefallregelungen», versichert sie. Die Umsetzung dieser Regelungen bleibt jedoch oft unklar.
Die Debatte zeigt ein grundlegendes Dilemma unseres Gesundheitssystems: Wie viel Eigenverantwortung ist zumutbar, wenn es um Notfallversorgung geht? Während die Stadtkasse entlastet wird, wächst die Sorge vor einer Zwei-Klassen-Medizin. Ob die geplanten Informationsveranstaltungen der Stadt die Gemüter beruhigen können, bleibt abzuwarten.