Der Streit um die Richter-Ernennung in Thüringen sorgt für Wirbel bis in die höchsten Ebenen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich gestern erstmals öffentlich zur Blockade der AfD-Kandidaten für das Landesverfassungsgericht. Die Kontroverse belaste die demokratischen Institutionen, sagte er bei einem Besuch in Kasachstan. Nach Steinmeiers Einschätzung hat der Konflikt die Ampelkoalition «beschädigt«.
Der Konflikt entzündete sich, als die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP gemeinsam mit der CDU die Wahl von AfD-Kandidaten für das Thüringer Verfassungsgericht verhinderten. Die AfD, deren Landesverband vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, hatte zwei Kandidaten nominiert. Um deren Wahl zu blockieren, änderten die anderen Parteien kurzfristig die Geschäftsordnung des Landtags.
«Der Rechtsstaat wird beschädigt, wenn politische Auseinandersetzungen auf dem Rücken der Justiz ausgetragen werden», betonte Steinmeier. Der Bundespräsident, selbst Jurist, sprach von einer «problematischen Vermischung» von Politik und Recht. Besonders kritisch sieht er die Rolle der Ampelkoalition: «Die Regierung muss sich fragen, ob sie ihrer Verantwortung gerecht geworden ist.»
In Erfurt habe ich vergangenes Jahr noch erlebt, wie stolz viele Thüringer auf ihre demokratischen Institutionen waren. Diese Stimmung scheint gekippt. Ein Verfassungsrechtler aus Jena, der anonym bleiben möchte, sagte mir: «Der Schaden für das Vertrauen in unsere Institutionen ist enorm. Hier wird mit dem Feuer gespielt.»
Die Debatte wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie umgehen mit demokratiefeindlichen Kräften, die demokratische Mittel nutzen? Die Parteien werden nicht umhinkommen, gemeinsame Regeln zu finden – vor allem mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen. Der Fall zeigt: Die Balance zwischen Rechtsstaat und Demokratieschutz bleibt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.