Artikel von Laura Brandt
In einer Zweizimmerwohnung in Stuttgart-Ost kämpft Familie Ristic mit sechs Personen um jeden Quadratmeter Lebensraum. Die aus Serbien stammende Roma-Familie teilt sich 40 Quadratmeter – Eltern und vier Kinder zwischen 4 und 14 Jahren. «Wenn wir es zu Hause nicht mehr aushalten, gehen wir in den Park», sagt Vater Dejan Ristic mit müdem Blick.
Die Wohnungsnot in Stuttgart trifft Familien wie die Ristics besonders hart. Nach Angaben der städtischen Wohnungsnotfallhilfe fehlen über 5.000 bezahlbare Wohnungen für einkommensschwache Haushalte. Für die Ristics bedeutet das ein Leben auf engstem Raum: Die Eltern schlafen auf dem Sofa im Wohnzimmer, die Kinder teilen sich das einzige Schlafzimmer.
«Roma-Familien gehören zu den am stärksten von Wohnungsdiskriminierung betroffenen Gruppen», erklärt Sozialpädagogin Martina Weber vom Verein «Wohnen für Alle«. Viele Vermieter reagieren ablehnend, sobald sie den Nachnamen hören oder die Familiengröße erfahren.
Als ich Familie Ristic besuche, spüre ich sofort die Enge, aber auch den starken Zusammenhalt. Die Wohnung ist akribisch sauber – ein ständiger Kampf, wie mir Mutter Drina erklärt: «Wir putzen mehrmals täglich, sonst geht es nicht.»
Der 14-jährige Sohn Milan macht seine Hausaufgaben am Küchentisch, während die jüngeren Geschwister mit wenigen Spielsachen auf dem Boden spielen. Für Privatsphäre oder ungestörtes Lernen gibt es keinen Raum. «Manchmal lerne ich nachts, wenn alle schlafen», erzählt Milan.
Die Stadt Stuttgart bietet Unterstützung an, doch die Wartelisten für Sozialwohnungen sind lang. «Familien wie die Ristics fallen oft durch alle Raster», beobachte ich seit Jahren in meiner Berichterstattung aus Baden-Württemberg. Während politisch über Integration debattiert wird, kämpfen sie täglich ums Überleben im Wohnungsmarkt.
Die Ristics hoffen weiter auf eine größere Wohnung. «Wir wollen nur einen normalen Alltag für unsere Kinder», sagt Dejan Ristic. Für tausende Familien in deutschen Großstädten bleibt dieser Wunsch vorerst ein ferner Traum – während die Wohnungskrise weiter wächst.