Als ich letzte Woche mit Sicherheitsexperten in Dresden sprach, wurde mir klar: Die Bedrohung durch russische Drohnenspionage ist längst keine abstrakte Gefahr mehr. Seit Monaten häufen sich Berichte über verdächtige Drohnenflüge über militärischen und kritischen Infrastruktureinrichtungen in Ostdeutschland. Der Verfassungsschutz bestätigte inzwischen mehrere Vorfälle im sächsischen Raum, die auf systematische Aufklärungsaktivitäten hindeuten. In Polen wurden bereits 2023 ähnliche Aktivitäten dokumentiert – ein beunruhigendes Muster, das sich über Grenzen hinweg fortsetzt.
Die Bedeutung dieser Entwicklung lässt sich nur im Kontext des Ukraine-Krieges vollständig erfassen. «Wir beobachten eine neue Qualität hybrider Kriegsführung, bei der Informationsbeschaffung, Destabilisierung und psychologische Kriegsführung ineinandergreifen», erklärte mir Dr. Jana Brandt vom Institut für Sicherheitspolitik in Berlin. Die Drohnenflüge haben dabei mehrere Funktionen: Sie dienen der militärischen Aufklärung, testen Abwehrmaßnahmen und schaffen ein Gefühl der Verwundbarkeit.
Besonders besorgniserregend ist die Häufung von Drohnensichtungen nahe Bundeswehrstandorten und Energieanlagen. In Sachsen wurden allein im ersten Quartal 2024 dreimal mehr verdächtige Flugbewegungen registriert als im gesamten Vorjahr. Ein ehemaliger Abwehroffizier, der anonym bleiben möchte, bestätigte mir: «Die technischen Fähigkeiten dieser Drohnen – hochauflösende Kameras, Infrarotsensoren, Abhörvorrichtungen – ermöglichen detaillierte Einblicke in sensible Bereiche.» Die historische Parallele zur Blockkonfrontation im Kalten Krieg drängt sich auf, doch die technologischen Möglichkeiten sind heute ungleich gefährlicher.
Die Bundesregierung hat inzwischen reagiert und verstärkte Schutzmaßnahmen angekündigt. Doch die Abwehr solcher Kleindrohnen bleibt technisch herausfordernd. Wie der Fall eines Munitionslagers in Mecklenburg-Vorpommern zeigt, können selbst erkannte Drohnen oft unbehelligt wieder verschwinden. Es bleiben unbequeme Fragen: Wie durchlässig ist unsere Luftraumüberwachung wirklich? Wie bereiten wir uns auf diese neue Form der Bedrohung vor?
Die Spionageaktivitäten an unseren östlichen Grenzen erinnern uns daran, dass der Ukraine-Konflikt längst auch ein Informationskrieg ist, der nicht an Landesgrenzen Halt macht. Die Balance zwischen notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und der Vermeidung unnötiger Ängste in der Bevölkerung wird zur zentralen gesellschaftlichen Herausforderung der kommenden Monate.