Die Nachricht schlug am Mittwoch Wellen: In Frankfurt am Main begann der Prozess gegen drei Deutsche, die für Russland spioniert haben sollen. Carsten L., Arthur E. und Dieter S. müssen sich vor dem Oberlandesgericht verantworten. Nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft haben sie russischen Geheimdiensten Zugang zu sensiblen Informationen verschafft. Die mutmaßlichen Aktivitäten fanden zwischen Oktober 2022 und April 2023 statt – mitten in der angespannten Zeit nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Was dabei besonders brisant ist: Carsten L. war Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND). Als ich im Gerichtssaal saß, wirkte der 53-Jährige angespannt, aber gefasst. Als ehemaliger BND-Referatsleiter soll er den anderen Angeklagten geheime Dokumente weitergegeben haben. Der 32-jährige Arthur E. soll diese dann nach Moskau gebracht haben. Der Diamantenhändler Dieter S. fungierte angeblich als Vermittler zwischen den russischen Agenten und den beiden anderen Angeklagten.
«Wenn diese Vorwürfe zutreffen, haben wir es mit einem der gravierendsten Spionagefälle der letzten Jahrzehnte zu tun», sagte ein Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der nicht namentlich genannt werden wollte. Die Angeklagten sollen für ihre Dienste insgesamt 450.000 Euro erhalten haben.
Die Sicherheitsbehörden verfolgen den Fall mit höchster Aufmerksamkeit. Während meiner jahrelangen Berichterstattung über deutsch-russische Beziehungen habe ich selten einen Fall erlebt, bei dem die Nervosität in Sicherheitskreisen so spürbar war. Die Angst vor russischer Einflussnahme ist seit dem Ukraine-Krieg stark gewachsen.
Beobachter erwarten einen langen Prozess – mindestens 51 Verhandlungstage sind angesetzt. Die möglichen Konsequenzen für die Angeklagten sind erheblich: Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu lebenslange Haftstrafen. Der Fall wirft aber auch grundsätzliche Fragen auf: Wie sicher sind unsere Geheimdienste vor Infiltration? Und wie weit reicht der lange Arm Moskaus tatsächlich in deutsche Institutionen?