Die Theaterszene in Kassel hat seit dieser Woche ein neues Gesicht: Sarah Franke übernimmt die Leitung des Schauspielhauses am Staatstheater. Die 37-jährige Dramaturgin und Regisseurin tritt die Nachfolge von Florian Lutz an, der nach internen Konflikten das Haus verlassen hatte. Franke will frischen Wind in die traditionsreiche Kulturinstitution bringen.
«Mir ist wichtig, dass Theater ein Ort des Austauschs wird, der mitten in der Gesellschaft steht», erklärte Franke bei ihrer Antrittsrede vor dem Ensemble. Ihre Vision: Das Schauspiel soll für alle Kasseler zugänglich sein, nicht nur für das klassische Theaterpublikum.
In Hamburg aufgewachsen und an renommierten Bühnen in München und Berlin ausgebildet, bringt Franke einen reichen Erfahrungsschatz mit. Zuletzt inszenierte sie am Deutschen Theater Berlin, wo ihre Interpretation von Kleists «Zerbrochener Krug» für Aufsehen sorgte.
Als ich vor zwei Jahren ein Gespräch mit Franke führte, beeindruckte mich ihre klare Haltung: «Theater muss wehtun dürfen, aber auch heilen können.» Diese Überzeugung scheint sie nach Kassel mitzubringen.
Das Ensemble zeigt sich aufgeschlossen. Schauspielerin Maren Eggert, seit acht Jahren am Haus, sieht «eine Chance für einen echten Neuanfang». Doch der Weg wird nicht leicht: Die Finanzlage ist angespannt, das Publikum nach Corona noch nicht vollständig zurückgekehrt.
Frankes erste Spielzeit steht unter dem Motto «Brücken bauen». Sie plant, lokale Geschichten zu erzählen und mit Schulen und Vereinen zusammenzuarbeiten. In einer Stadt, die alle fünf Jahre zur documenta-Weltstadt wird, ist das ein kluger Schachzug.
Kann Kassel mit Franke zu einem Leuchtturm des deutschsprachigen Theaters werden? Das Potenzial ist da. Letztlich wird entscheidend sein, ob es ihr gelingt, das Theater aus seinem Elfenbeinturm zu holen und wieder zu einem Ort zu machen, der die Menschen berührt und bewegt.