Gestern versammelten sich mehr als 200 Hamburger Schülerinnen und Schüler am Dammtor, um gegen eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht zu demonstrieren. «Bildung statt Kriegsdienst» und «Kein Zwang zur Waffe» stand auf selbstgemalten Plakaten. Die Demonstration folgt auf die jüngsten Aussagen von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der das schwedische Modell einer selektiven Wehrpflicht für Deutschland prüfen lässt.
«Wir sind die Generation, die betroffen wäre», sagte die 17-jährige Organisatorin Emma Westphal vom Gymnasium Blankenese. «Niemand fragt uns, ob wir überhaupt bereit sind, für geopolitische Interessen zu kämpfen.» Die Stimmung war friedlich, aber entschlossen. Die Jugendlichen fürchten, dass ihre Zukunftspläne durch einen verpflichtenden Wehrdienst durchkreuzt werden könnten.
In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich selten so artikulierte junge Menschen erlebt. Die Schüler hatten sich beeindruckend gut vorbereitet, kannten Zahlen und Fakten zum Wehretat und zur Bundeswehr-Reform.
Experten sehen die Proteste differenziert. «Die Sorgen der jungen Generation sind legitim», erklärte Sicherheitsexpertin Prof. Dr. Claudia Weber von der Universität Hamburg. «Andererseits steht Deutschland vor realen sicherheitspolitischen Herausforderungen, die Lösungen erfordern.»
Während die Hamburger Bildungsbehörde unentschuldigtes Fehlen im Unterricht ankündigte, zeigten einige Lehrkräfte Verständnis. Die Organisatoren planen bereits weitere Aktionen in den kommenden Wochen.
Die Debatte um die Wehrpflicht wird Deutschland noch lange beschäftigen. Für die jungen Demonstranten steht fest: Sie wollen mitentscheiden, wenn es um ihre Zukunft geht. Eine Frage bleibt: Wie viel Gehör finden ihre Stimmen in Berlin?