Die Kölner Südstadt hat seit Mai dieses Jahres einen besonderen Ort für Gespräche, Rat und Orientierung. An vier Tagen pro Woche empfängt Pastoralreferentin Maria Raederscheidt Menschen im «Segensbüro Hätzjeföhl» an der Bonner Straße 8. Mit diesem innovativen Konzept wagt die katholische Kirche einen neuen Anlauf, näher an die Menschen heranzurücken – und zwar bewusst außerhalb traditioneller Kirchenräume.
«Es geht darum, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie dort abzuholen, wo sie stehen», erklärt Raederscheidt. Das Angebot richtet sich an alle Menschen, unabhängig von Konfession, Glaube oder Herkunft. Seit der Eröffnung haben bereits zahlreiche Besucher den Weg in die umfunktionierte ehemalige Ladenzeile gefunden.
Die kleinen Rituale und Segnungen, die im Hätzjeföhl angeboten werden, treffen offenbar einen Nerv. «Viele Menschen suchen nach Halt und Sinn, aber der Weg in die Kirchengebäude ist für sie aus unterschiedlichen Gründen schwierig geworden», beobachtet die Pastoralreferentin. Als ich das Büro besuche, sitzen zwei Frauen im Gespräch im vorderen Bereich – die eine mit Tränen in den Augen, die andere tröstend ihre Hand haltend.
Das Konzept des Segensbüros ist nicht ganz neu. In Berlin gibt es bereits ähnliche Einrichtungen, die sich bewährt haben. In Köln soll das Projekt zunächst für ein Jahr laufen und dann evaluiert werden. Es könnte ein Modell für die Zukunft der kirchlichen Präsenz in Städten sein, wo traditionelle Gemeinden schrumpfen und Kirchgebäude verkauft werden.
Für die Südstadt ist das Hätzjeföhl – Kölsch für «Herzgefühl» – jedenfalls eine Bereicherung. Es zeigt, dass Seelsorge und spirituelle Begleitung auch im 21. Jahrhundert gefragt sind – nur eben in neuen Formen und an ungewohnten Orten. «Was zählt, ist nicht das Wo, sondern das Wie», sagt Raederscheidt. Eine Einsicht, die auch für andere kirchliche Angebote wegweisend sein könnte.