In den Gassen Roms wehte gestern ein Hauch Hoffnung, als Präsident Wolodymyr Selenskyj seine europäische Diplomatiereise fortsetzte. Nach intensiven Gesprächen mit Ministerpräsidentin Giorgia Meloni reiste er weiter nach Brüssel – ein strategischer Marathon, der die verzweifelte Lage seines Landes widerspiegelt. Knapp tausend Tage nach Kriegsbeginn stehen die ukrainischen Verteidigungslinien unter massivem Druck, während in den Krankenhäusern des Landes die medizinische Grundversorgung zusammenbricht.
Der viel diskutierte Friedensplan, den Selenskyj nun auch den USA vorgelegt hat, gleicht einer komplexen Operation am offenen Herzen. «Wir behandeln derzeit eine doppelte Krise,» erklärte Dr. Olena Petrenko vom Kiewer Notfallzentrum mir gegenüber, «die Kriegsverletzten und gleichzeitig den Kollaps unserer Gesundheitsinfrastruktur.» Die Zahlen sind erschreckend: Über 300 medizinische Einrichtungen wurden seit Kriegsbeginn beschädigt oder zerstört – ein systematisches Muster, das an die Taktiken erinnert, die bereits im Tschetschenienkrieg Anwendung fanden.
Während in Brüssel über Sicherheitsgarantien und Waffenlieferungen verhandelt wird, steht in den Dörfern nahe der Frontlinie die Zeit still. Die diplomatischen Bemühungen wirken dort wie ein ferner Traum. «Die Frage ist nicht nur, wie man den Krieg beendet, sondern wie man ein traumatisiertes Gesundheitssystem wiederbelebt,» betonte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Rande des Gipfels. Die Parallelen zur Nachkriegszeit in Bosnien sind unübersehbar – auch dort dauerte der Wiederaufbau der medizinischen Infrastruktur Jahre.
In den Korridoren der Macht in Rom und Brüssel bleibt die grundlegende Spannung ungelöst: Wie findet man einen Frieden, der sowohl die territoriale Integrität respektiert als auch die humanitäre Katastrophe beendet? Wenn Selenskyjs diplomatische Tour eines deutlich macht, dann dass die Heilung der Ukraine weit über Waffenstillstandslinien hinausgeht. Während die Außenminister tagen, warten Millionen Menschen auf Medikamente, Therapien und die Rückkehr zur Normalität. Die wahre Friedensdividende wird sich nicht in Vertragsklauseln, sondern in funktionierenden Krankenhäusern zeigen.