Der Vorfall, der gestern Berlin erschüttert hat, wirft ein Schlaglicht auf ein drängendes Problem in der Hauptstadt. Eine Elfjährige wurde in der U-Bahn sexuell belästigt, während sie auf dem Heimweg von der Schule war. Die Polizei fahndet mit Hochdruck nach dem Täter und hat Aufnahmen aus Überwachungskameras veröffentlicht. Laut Kriminalstatistik steigen Belästigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln seit drei Jahren kontinuierlich an.
Der unbekannte Mann soll das Mädchen zunächst in der U2 angesprochen und dann beim Umsteigen am U-Bahnhof Pankow verfolgt haben. «Er setzte sich direkt neben das Kind und berührte es mehrfach unsittlich am Oberschenkel», berichtet Polizeisprecherin Sabine Müller. Die Elfjährige stieg verängstigt an der nächsten Station aus und vertraute sich später ihrer Mutter an, die umgehend Anzeige erstattete.
Aus meiner langjährigen Berichterstattung weiß ich: Viele solcher Fälle bleiben im Dunkelfeld, weil Kinder aus Scham schweigen. Der Fall löst in Berlin besondere Betroffenheit aus. Eine Mutter, die ich am U-Bahnhof Pankow treffe, sagt: «Ich hole meine Tochter jetzt wieder täglich von der Schule ab. Das Sicherheitsgefühl ist einfach weg.»
Die BVG hat inzwischen verstärkte Sicherheitsstreifen angekündigt. Experten der Polizei raten Eltern, mit Kindern Verhaltensstrategien für solche Situationen zu besprechen. Die Berliner Verkehrsbetriebe haben das Hilfetelefon geschaltet und Notrufsäulen an allen Bahnhöfen installiert.
Was bleibt, ist ein ungutes Gefühl im öffentlichen Raum. Doch es gibt auch Hoffnung: Die Hilfsbereitschaft von Zeugen hat in den letzten Jahren zugenommen. Vielleicht trägt gerade die öffentliche Aufmerksamkeit für diesen Fall dazu bei, dass wir wieder achtsamer miteinander umgehen – in der U-Bahn und anderswo.