Der Streit um Aufklärung bei Missbrauchsfällen im Erzbistum Hamburg nimmt zu. Die Generalstaatsanwaltschaft fordert seit Monaten uneingeschränkten Zugang zu Personalakten – bisher vergeblich. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts bietet das Erzbistum nur einzelfallbezogene Aktenprüfungen an, was den Ermittlern nicht ausreicht.
«Die Staatsanwaltschaft braucht vollständige Einsicht, um systematische Vertuschungen überhaupt erkennen zu können», sagt Matthias Katsch von der Betroffeneninitiative «Eckiger Tisch». Als ich vor einigen Jahren mit Missbrauchsopfern in Hamburg sprach, berichteten viele von einem Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber kirchlichen Strukturen.
Besonders brisant: Seit April 2023 fordern die Behörden bereits Zugang zu den Dokumenten. Laut Staatsanwaltschaft geht es um die Überprüfung von rund 140 Personalakten, in denen Hinweise auf sexuellen Missbrauch vermutet werden. Erzbischof Stefan Heße, der nach einem früheren Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln bereits seinen Rücktritt angeboten hatte, steht unter Druck.
«Die Kirche predigt Aufrichtigkeit, aber handelt sie danach?», fragt Prof. Jörg Fegert, renommierter Experte für Kinderschutz an der Universität Ulm. Die Hamburger Behörden prüfen nun juristische Schritte, um die Herausgabe zu erzwingen.
Der Fall zeigt die Spannung zwischen Kirchenautonomie und staatlichem Strafverfolgungsinteresse. Für die Betroffenen jedoch bedeutet jeder Tag ohne Aufarbeitung weiteres Leid. Die Frage, die bleibt: Wiegt das Seelsorgegeheimnis wirklich schwerer als der Schutz von Kindern?