In Berlin brodelt es hinter den Kulissen der Unionsfraktion. CDU-Chef Friedrich Merz hat für Montag kurzfristig die Spitzen von CDU und CSU zu einem Krisentreffen einberufen. Grund ist der jüngste Konflikt mit der SPD über die Sozialpolitik, der die öffentliche Debatte der letzten Tage bestimmt hat. Nach meinen Informationen geht es konkret um die strategische Positionierung in der Sozial- und Migrationspolitik.
Die Unionsspitze ringt um einen gemeinsamen Kurs. Seit Merz› Äußerungen über angeblich «soziale Touristik» bei ukrainischen Flüchtlingen steht die CDU unter Beschuss. «Wir müssen unsere Kommunikation präzisieren und gleichzeitig in der Sache hart bleiben», sagte mir ein CDU-Präsidiumsmitglied am Telefon. Die SPD hatte Merz vorgeworfen, mit seinen Aussagen spalterisch zu agieren und Stimmung gegen Schutzsuchende zu machen.
Bei dem Treffen sollen auch die jüngsten Umfragewerte analysiert werden. Die Union liegt zwar bundesweit mit etwa 30 Prozent vorn, verliert aber an Zustimmung. Besonders in den ostdeutschen Bundesländern, wo nächstes Jahr gewählt wird, macht der CDU die AfD zu schaffen. «Es geht um die Frage, wie wir soziale Gerechtigkeit mit konsequenter Migrationspolitik verbinden», erklärte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
In Hamburg, wo ich gestern mit Bürgern sprach, spüre ich die Verunsicherung. «Die Union muss aufpassen, dass sie nicht die Bodenhaftung verliert», meinte eine Rentnerin am Jungfernstieg. Viele Menschen erwarten klare Antworten auf soziale Fragen, ohne dass dabei Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden.
Die Ergebnisse des Krisentreffens könnten richtungsweisend sein. Nicht nur für die Union, sondern auch für den politischen Diskurs in Deutschland. Werden Merz und Co. einen Weg finden, der sozialpolitische Härte mit menschlicher Differenzierung verbindet? Die Antwort darauf könnte den Ton für den kommenden Bundestagswahlkampf setzen.